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Sieben magische Jahre im Zauberinternat

■ Seit Monaten fesselt der elfjährige Zauberer „Harry Potter“ kleine und große Lese-ratten. Am Sonnabend liest die Schmöker-Autorin Joanne K. Rowling in Hamburg

Ein Kinderbuch auf der Bestsellerliste einer großen Tageszeitung ist ungewöhnlich. Wenn jedoch ein Serientitel gleich die ersten drei Plätze der Liste belegt, dann handelt es sich wohl um ein einmaliges Phänomen – so geschehen Ende September, als die drei Bände der Harry Potter-Kinderbuchserie Platz eins bis drei der Bestsellerliste der New York Times belegten. Ein Phänomen, das mit Verspätung auch den deutschen Markt erreichte: Seit Ende Januar findet man die Romane auf der Spiegel-Bestsellerliste – zur Zeit belegt Band eins sogar die Spiegel-Spitze.

Woher kommt dieser gigantische Erfolg? Auf den ersten Blick ist Harry Potter ein typisches Kinderbuch und Harry der jugendliche Held im Kampf gegen die Unwägbarkeiten seines alltäglichen Lebens: Als Waise lebt er bei Tante und Onkel, die ihn als Störfaktor betrachten und ihm das Leben zur Hölle machen. Doch Harry ist kein normaler Junge, sondern ein Zauberer, eine Tatsache, die ihm bis zu seinem 11. Geburtstag vorenthalten wird. Einer Rettung aus seinem „normalen“ Leben gleich kommt die Aufforderung, ab nun ein Zauber-Internat zu besuchen und so seiner Familie entfliehen zu können.

Die sich daran anschließende, atemberaubend fantastische Erzählung ist auf sieben Bände angelegt: eines für jedes Schuljahr am magischen Internat. Von Beginn an reichern versteckte Hinweise und scheinbar nebensächliche Begebenheiten die Erzählung an, die sich mit fortschreitender Lektüre – auch bändeübergreifend – als Schlüsselereignisse entpuppen. Um die Person von Harry rankt sich ein geheimnisvoller Nimbus, schließlich hat er als Baby auf unerklärliche Weise dazu beigetragen, die Welt von dem größten Schwarzmagier zu befreien und dabei seine Eltern verloren. Stück für Stück lüftet Rowling in den Romanen den Vorhang um diese Ereignisse – bisher jedoch nur soweit, dass die Neugier der LeserInnen weiter angefacht wird.

Die Anziehungskraft der Serie liegt jedoch nicht nur in ihrer virtuosen Schmöker-Konstruktion, sondern genauso in der Behandlung des Zwischenmenschlichen. Rowlings subtiler Umgang mit ethischen Werten, Gefühlen, menschlichen Ängsten und Unsicherheiten ist beachtlich und bannt Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen: Hier finden sich alle LeserInnen wieder – und damit reihen sich die Harry Potter-Romane in die Ränge der wirklich guten Kinderliteratur von Pippi Langstrumpf und Jim Knopf bis hin zu den aktuellen schwedischen Frechdachsen Bert und Niklas ein.

Der Erfolg zeigt übrigens skurrile Begleiterscheinungen: So brachte der englische Verlag Bloomsbury eine Sonderausgabe mit einem neutralen Cover heraus, damit sich die BritInnen in der Öffentlichkeit nicht mit der (peinlichen) Lektüre von Kinderbüchern outen müssen. Karen Schulz

Signierstunde: heute, 11 Uhr Thalia Buchhandlung; Lesung: heute, Fabrik;

Joanne K. Rowling: Harry Potter und der Stein der Weisen, 335 S., 26 Mark; Harry Potter und die Kammer des Schreckens, 352 S., 26 Mark; Harry Potter und der Gefangene von Askaban, 448 S., 28 Mark, alle Carlsen Verlag, Hamburg.

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