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■ Sidesteps auf dem Parkett

Die Frage zählt zum Repertoire jedes Prüfers in Volkswirtschaft: Wie reagieren die Börsen, wenn jemand einen Krieg anfängt? Die beliebteste Antwort: „Kommt drauf an.“ Man gewinnt Zeit, und es stimmt immer.

Die Kurse spiegeln zwei Dinge wider: die Gewinnerwartungen von Anlegern und den Drang, sein Geld in unsicheren Zeiten in „safe haven“ zu bringen. Die Gewinnerwartungen konzentrieren sich dabei vor allem auf Rüstungskonzerne. Als relativ sicherer Anlegeplatz gelten die US-Börsen, so daß Kriege – zumal auf europäischem, nahöstlichem oder asiatischem Boden – kurz- und mittelfristig den Dollar und den Dow Jones stärken. Gold hat seine Bedeutung als praktische, weil transportable Geldanlage im Zuge der Globalisierung verloren.

Wie stark sich die Märkte beeinflussen lassen, hängt von der ökonomischen Bedeutung des Krieges ab. Als der Irak 1990 in Kuwait einmarschierte, stürzte der Dax um 18 Prozent. Hintergrund war die Furcht vor der drohenden Ölkrise. Entsprechend schlug die Stimmung um, als die Alliierten vier Monate nach dem Überfall Luftangriffe gegen den Irak flogen. Prompt stieg der Dax um 7,6 Prozent, die Energiewerte legten mehr als zehn Prozent zu.

Der aktuelle Krieg im Kosovo ist ein rein politischer Konflikt. Und so löst er bislang an den deutschen Börsen nur „eine leichte Unsicherheit“ (Handelsblatt) aus, die sich hauptsächlich in einer weiteren Schwächung des Euro gegenüber dem krisenfesteren Dollar bemerkbar macht. „Beim Dax haben wir lediglich Seitwärtsbewegungen“, so Franz-Josef Leven vom Deutschen Aktieninstitut. Und selbst die seien „nur zum Teil auf den Krieg“ zurückzuführen. „Wichtiger ist da die Steuerpolitik.“

Anders könnte es kommen, wenn Rußland in den Krieg hineingezogen wird, Landstreitkräfte eingesetzt und in der Folge Investitionen aus den osteuropäischen Ländern abgezogen würden. „Dann“, so Volkswirt Eric Chaney von J.P.Morgan, „steht möglicherweise eine Finanzkrise vor den Toren Europas.“ Beate Willms

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