: Shopping im Weltdorf
■ Porzellanhunde und Schrumpfköpfe bei Importmesse und der Verbraucherausstellung / Hoffnung auf Geschäft trotz Gatt
Von Schäferhunden aus Porzellan bis hin zu Plastik-Schrumpfköpfen wurden den Besuchern der Verbraucherausstellung viele Kuriositäten aus der ganzen Welt aufgetischt. Über 240 Aussteller aus 57 Ländern boten internationales Kunsthandwerk zum Verkauf an und suchten nach Handelspartnern. Neben Symbolgegenständen wurden Gebrauchsartikel, Wohnaccessoires und Dekorartikel angeboten. Parallel zur Verbraucherausstellung, die vor allem Otto Normalverbraucher ansprach, wurden auf der Importmesse vom Fachpublikum die geschäftlichen Kontakte geknüpft.
„Die Geschäfte sind so gut gelaufen, daß alle unsere Werbungsunterlagen schon nach wenigen Tagen vergriffen waren“, freute sich Tomasz Slaski, Vertreter der Korbwaren-Firma Unirotex aus Polen. „Wir hatten zum ersten Mal einen Stand auf der Importmesse und haben auf Anhieb Interessenten in ganz Deutschland gefunden.“ Die vorgestellten Produkte seien alle nach ökologischen Gesichtspunkten hergestellt worden, zum Teil sogar in traditionellen Verfahren, betont Slaski.
Auch am Stand der Elfenbeinküste wurden traditionelle Einrichtungsgegenstände angeboten. Nach europäischen Maßstäben fällt das etwa 40 Zentimeter breite Holzbett aus der Akwaba-Kooperative jedoch eher in die Kategorie „exotisch“. Es besteht aus einem Stück Holz, daß aus dem Yoruco- Baum herausgeschnitten wurde. Salou Hamadou, der das platzsparende Schlafmöbel an den Mann zu bringen versuchte, pries die Bequemlichkeit des Bettes, das in seiner Heimat auch heute noch sehr verbreitet sei. Das umstehende Publikum blieb allerdings skeptisch. Das hat wohl nicht zuletzt an den 1.500 Mark gelegen, die Hamadou haben wollte.
Großer Andrang herschte beim Deutschen Entwicklungsdienst (DED), der zum ersten Mal sein Glück auf der Verbraucherausstellung versuchte. „Wir wollen hier zum einen unseren Tätigkeitsbereich vorstellen und außerdem kleinen Betrieben die Chance geben, Geschäftsverbindungen zu knüpfen“, erläuterte Franz-Josef Berkenkötter, Entwicklungshelfer beim DED, Sinn und Zweck der Premiere. Die vom Bund finanzierte Entwicklungshilfe-Organisation errichtete ihren Stand gemeinsam mit vier Projektpartnern aus Brasilien. Neben Hängematten wurden sandgefüllte Deko- Flaschen zum Verkauf angeboten.
Die Kleingewerbeförderung stehe hier im Mittelpunkt, so Bergenkötter. Ihre wirtschaftliche Bedeutung dürfe nicht unterschätzt werden. „Außerdem produzieren Kleinbetriebe in der Regel umweltschonender“, weiß der Entwicklungshelfer: „Denn der Sparzwang führt in diesem Sektor zu verstärktem Recycling.“ Nach den guten Erfahrungen will der DED im nächsten Jahr wieder einen Stand einrichten, dann mit afrikanischen Partnern.
Umsatz in Berlin erneut eher bescheiden
Etwas skeptischer äußerte sich Soufiane Tekaya aus Tunesien zur Importmesse: „Wir sind zwar schon zum dritten Mal in Berlin dabei, aber im Vergleich zu anderen Messen in Frankfurt und Hannover fällt der Umsatz hier doch etwas bescheidener aus.“ Trotzdem werde die Office Natinal de l'Artisant auch 1995 wieder vertreten sein, betonte er. Die meistexportierten Waren der tunesischen Produktionsgenossenschaft sind Textilien und Keramikgegenstände.
Am Rande der Importmesse fand ein „Round Table Gespräch“ statt. Thema: „Der Abschluß des Gatt und die Auswirkungen auf Entwicklungsländer am Beispiel Asiens.“ Zum Auftakt des Gespräches zwischen Außenhandelsfachleuten und Botschaftern mehrerer asiatischer Staaten machte Rolf Langhammer einige kritische Bemerkungen. Der Fachmann vom Kieler Institut für Weltwirtschaft betonte: „Zu den Gewinnern der Verhandlungen über ein neues Zoll- und Handelsabkommen gehören zunächst die Industrieländer.“ Der Analyse des Wissenschaftlers stimmten die anwesenden Teilnehmer solcher Entwicklungsländer wie zum Beispiel Indien oder Pakistan bedauernd zu. Sie wurde jedoch nicht von allen Anwesenden geteilt.
Optimistischer zeigte sich Michael Otto, der Vorsitzende des Fachbeirates der Importmesse. In seiner Eröffnungsrede prophezeite er: „Wer je eine handelspolitische Geschichte des 20. Jahrhunderts schreiben wird, wird in diesem Jahr ein neues Kapitel beginnen müssen.“ Das Welthandelsvolumen werde sich nach Schätzungen der OECD bis zum Jahre 2002 um 270 bis 280 Milliarden US-Dollar ausweiten, schwärmte Otto.
In Berlin war von den goldenen Zeiten noch nicht allzuviel zu sehen: Laut Abschlußbericht der Messeleitung haben 57 Prozent der Aussteller während der Messe Geschäftsabschlüsse getätigt – 1993 waren es noch 65 Prozent. Die Besucherzahlen sind mit rund 25.000 im Vergleich zum Vorjahr allerdings um etwa 3.000 gestiegen. Auch das Fachpublikum war mit gut 7.000 Personen etwas stärker vertreten als 1993.
„Sowohl die Verbraucherausstellung als auch die Importmesse sind zu unserer vollen Zufriedenheit ausgefallen“, freute sich Barbara Mabrook. Die Mitarbeiterin der Messe Berlin im Bereich Organisation und Ausstellerbetreuung sieht im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung: „Nicht nur, daß mehr Besucher verzeichnet werden konnten, bestätigt dies. Auch im organisatorischen Bereich ist alles viel besser gelaufen.“ Zudem sei auch die Produktpallette reichhaltiger und schöner gewesen als zuvor, betonte sie.
So hatten denn alle etwas, worüber sie sich freuen konnten: die Fachleute über den taufrischen Gatt-Abschluß, die Veranstalter über die vielen Besucher – und das Publikum an Porzellan-Schäferhunden und Plastik-Schrumpfköpfen. Lars Klaaßen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen