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Sexualstrafrecht in SpanienLinkskoalition völlig zerstritten

In Spanien soll das Gesetz zur sexuellen Freiheit Monate nach Inkrafttreten schon reformiert werden. Die Podemos-Partei sieht den Feminismus verraten.

Demonstration zum Internationalen Frauentag in Barcelona: „Die Nacht gehört uns“ Foto: David Oller/dpa

Madrid taz | Spaniens Linkskoalition steht kurz vor dem Bruch. Ausgerechnet am Vorabend des Internationalen Frauentages stellten sie ihre Zerstrittenheit über eines der wichtigsten Gesetze des Gleichstellungsministeriums unter der linksalternativen Politikerin Irene Montero auf einer Parlamentssitzung zur Schau.

Es geht um das Gesetz zur sexuellen Freiheit oder, wie es im Volksmund heißt, „Nur Ja ist Ja“. Die Sozialistische Partei (PSOE) möchte es – nur wenige Monate nach Inkrafttreten – reformieren, ohne Zustimmung des Gleichstellungsministeriums. Das Parlament bewilligte die Annahme des Reformentwurfes zur Debatte, und zwar mit Gegenstimmen der linksalternativen Unidas Podemos (UP), mit den Stimmen der konservativen Volkspartei (PP) und der Enthaltung der rechtsradikalen VOX. Die letzten Parteien hatten im Mai 2022 gegen das ursprüngliche Gesetz gestimmt und machten sich gar darüber lustig, dass dieses die „ausdrückliche Zustimmung zu Sex“ in den Mittelpunkt stellte.

Einen „Verrat am Feminismus“ sieht die Sprecherin von UP, Ione Belarra, im Vorgehen der PSOE von Ministerpräsident Pedro Sánchez. Der kleinere der beiden Koalitionspartner befürchtet, dass die Reform der Reform alles zurücknimmt, was ihnen wichtig ist. Denn das „Nur-Ja-ist-Ja-Gesetz“ stellt einen Paradigmenwechsel dar. Zuvor unterschied das spanische Strafrecht Missbrauch und Aggression. Aggression lag nur dann vor, wenn Gewalt und Penetration im Spiele war. Wehrte sich eine Frau aus Angst nicht, entschieden die Richter oft auf Missbrauch und damit auf geringere Strafen.

Das „Nur-Ja-ist-Ja-Gesetz“ strich nicht nur diese Unterscheidung zwischen Missbrauch und Aggression, sondern legt den Begriff der sexuellen Aggression breiter aus. Nicht nur direkte Übergriffe gelten als sexuelle Gewalt, sondern auch Belästigungen, Exhibitionismus, sexuelle Provokation, sexuelle Ausbeutung, der Missbrauch Minderjähriger jeglicher Art, weibliche Genitalverstümmelung, Zwangsehe, Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung sowie die Verbreitung sexueller Gewaltakte in digitalen Medien oder sexuelle Erpressung etwa in Netzwerken und Chats.

„Wir haben es satt mit ihren Sonntagshetzreden, sehr geehrte Abgeordneten von Podemos“, wetterte die sozialistische Parlamentarierin Andrea Fernández bei ihrer Rede zur Verteidigung des Reformvorschlags. Die Regierung sei es den Frauen schuldig, das Gesetz zu überarbeiten. Der Grund: Dutzende von Sexualstraftätern hatten mit dem neuen Gesetz eine Überprüfung ihrer Strafe beantragt. Dutzende erreichten eine Strafminderung, einige gar die vorzeitige Freilassung.

Das neue Gesetz, das jetzt reformiert werden soll, weitete den Strafmaß aus. Was Gleichstellungsministerin Montero nicht bedacht hatte: Da die Mindeststrafe für sexuelle Übergriffe in ihrem Gesetz geringer ist als im alten, nutzen dies manche Richter für Strafminderung, in der Regel gegen das Kriterium der Staatsanwaltschaft. Die Reform der Reform soll dies jetzt beenden, indem erneut zwischen Übergriffen mit und ohne Gewalt unterschieden wird.

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