Serienfinale von „Game of Thrones“: Am Ende ist alles gut
Das Ende von „Game of Thrones“ überrascht darin, dass es keine große Überraschung gibt. Dennoch versöhnt es mit dem Gesamtwerk – und ist des Epos würdig.
Spoilerwarnung: Der Text enthält Informationen über das Ende der Fernsehserie „Game of Thrones“. Wer nichts darüber wissen wollte, sollte jetzt nicht weiterlesen.
„And all was well.“ – Und alles war gut, so endet Harry Potter, und so könnte auch der letzte Satz von „Game of Thrones“ lauten. Die Bösen sind tot (Night King, Cersei, Daenerys), die potenziellen Unruhestifter segeln ihrer Wege (Greyworm, Arya), Sansa hat ihr Königreich im Norden, Bran versöhnt die sechs Königslande, Tyrion ist wieder Hand des Königs, und Jon? Darf einen auf Herr der Ringe machen, wo der letzte Satz lautet: „‚Ja, ich bin zurück‘, sagte er.“ Zurück bei den Wildlingen, wird er mit Kumpel Tormund ein fröhlich-freies Leben führen. Nur Ygritte fehlt.
Es ist ein so versöhnlich-schmalziges Ende, dass man es unter Schnulzverdacht zurückweisen möchte. Aber eigentlich gilt gerade das Gegenteil: Eben wegen der Orgien von Gewalt und Verrat der letzten Folgen ist es ein würdiges Ende für das Mammutwerk „Game of Thrones“.
Und nach den eher schwachen ersten Folgen beendet es auch würdig die letzte Staffel. So verstörend waren die Szenen der fünften Folge „The Bells“, als Daenerys mit ihrem Drachen King's Landing in ein Inferno verwandelt, auch die ersten Bilder aus der letzten Folge, als Tyrion sprachlos durch die Straßen von Königsmund geht. Es schneit Asche, sie sammelt sich zentimeterhoch in den Straßen, Szenen wie aus New York nach 9/11 – oder wie nach der Bombardierung von Dresden, auf die die Serienmacher im „Making Of“ von Episode 5 explizit Bezug nehmen.
Damit es alle (auch Jon) raffen: Daenerys ist böse
Daenerys vollendet ihren Wandel von der Befreierin zur irren Tyrannin, im Gefängnis erklärt Tyrion nochmal ihre charakterliche Entwicklung – damit Jon es begreift, aber auch alle Fans, die spätestens seit ihrem Siegeszug gegen die Sklavenherren Daenerys-Fans sind und nach der fünften Folge im Internet Sturm liefen, weil sie den Evil Turn nicht wahrhaben wollten.
Natürlich bleiben erzählerische Fragen offen: Warum sollten die nunmehr nur noch sechs Königslande einen König aus dem Norden akzeptieren, wo der sich doch unabhängig macht? Warum ist Brienne Chefin der Königsgarde, wenn sie doch eigentlich Sansa Treue geschworen hat? Warum röstet Drogon nach dem Mord an Daenerys den Eisernen Thron und nicht gleich den Mörder Jon? Warum erwürgt nicht Greyworm Jon, nachdem dieser seine Tat gesteht?
Und auch diverse Plots aus den vorhergehenden Folgen bleiben kalt. Warum taucht im Zusammenhang mit dem Night King und den White Walkers immer wieder dieses spiralförmige Muster auf? Wer war jetzt der prophezeite Retter? Welche Rolle spielt am Ende der Lord of Light? Die Fackeln der Dothraki anzünden, damit diese dann telegen in der Ferne verlöschen, ist das alles, wozu er gut ist?
Geheimnisse bleiben – das ist gut so
Fakt ist: Es gab so viele Fan-Theorien, wie „Game of Thrones“ enden würde, wer jetzt der Night King ist, wer der prophezeite Retter ist, dass es unmöglich war, wirklich alle Fäden zusammenzuführen. Schon die vorletzte Staffel der Serie war schlimm genug, immer wieder zum Augenverdrehen wegen der Zufälle, die Protagonisten aufeinanderstoßen ließ – das setzte sich in den ersten Folgen der letzten Staffel fort.
Und so ist es im Gegenteil geradezu wohltuend, dass nicht alle Geheimnisse aufgedeckt sind, nicht alle Fragen beantwortet. Klar hätte man gern den Wölfen der Stark-Kinder eine größere Rolle zugedacht, oder ein Echo von „You know nothing, Jon Snow“ gehört, aber ganz ehrlich: Das wäre in seiner Geballtheit too much gewesen, so schwer erträglich wie Bran, das Wissen der Welt, der nur da sitzt und salbungsvoll Ein-Satz-Weisheiten von sich gibt.
Theon: Sorry, dass ich dich verraten habe. „Du bist ein guter Mensch, Theon.“ Tyrion: Willst du König werden? – „Warum, glaubst du, bin ich hier?“ Jon: Sorry, dass ich nicht bei dir war. „Du warst genau, wo du sein musstest.“ Man möchte Bran schütteln und anschreien, wie es Meera Reed nach der Rückkehr nach Winterfell tat. Nichts ist langweiliger als ein allwissender, unfehlbarer politisch-religiöser Anführer. Und so ist es richtig, dass „Game of Thrones“ an dieser Stelle endet.
Klar, es hätte noch als Mittelalter-Fantasy-Lindenstraße ewig weitergehen können, nachdem der eigentliche Höhepunkt, die Entscheidungsschlacht der Lebenden gegen die Toten, schon zur Mitte der Staffel abgeräumt wurde. Im Rückblick eine eher mäßige Folge, natürlich mit packenden Action-Szenen, aber auch als Klimax ein zweifelhafter Boss-Move durch Arya, der relativ simpel alle Zombies dahinrafft. Dafür, dass die Bedrohung aus dem Norden mit so viel Mystik über viele Staffeln und Folgen aufgebaut wurde, ging das flott.
Wohltuend flott: Die Stärke von „Game of Thrones“ war ja nie der Kampf von Lebenden gegen die Toten, von Gut gegen Böse – den „Herrn der Ringe“ gibt es ja schon – sondern in der Tat das Spiel um den Thron, die Konstruktion einer geradezu realen Welt, in der es den Beteiligten um die Macht geht, in der Hauptpersonen irren und sterben können, in der Menschen menschlich agieren.
Mit Mister Unfehlbar Bran als König findet die Serie nun ein Ende. Es ist trotz allem in seiner Versöhnlichkeit ein würdiges Ende.
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