Serie „Death in Paradise“: Schwarzer Anzug unter Palmen
Die britische Krimiserie "Death in Paradise" enttäuscht. Klischees und eine flache Story überraschen, wurde die Serie doch recht teuer produziert.
Was passiert eigentlich, wenn man einen englischen Knautschdetektiv à la Inspector Barnaby aus seiner mörderischen Midsommer-Idylle reißt und in die Karibik verfrachtet?
Richtig: Das Steuer ist plötzlich links, aber irgendwie hat das Drehbuch vergessen, daraus einen Gag zu machen, bei dem der Inspector auf der falschen Seite ins Auto klettert. Das wiederum ist verwunderlich, weil der nicht eben überkomplexe Plot der BBC-Serie „Death in Paradise“ eigentlich kein Klischee auslässt: Da wandert eine Ziege direkt in die Polizeistation und wird prompt in eine Zelle verfrachtet, die Inselcops sind cool, aber ein bisschen langsam, das Meer sehr hellblau, der Sand sehr weiß. Und was läuft dazu – Reggae, logisch.
Willkommen also im Paradies, genauer gesagt: auf der fiktiven Karibikinsel Sainte Marie. Die gehört aktuell der britischen Krone, was die Anwesenheit von Detective Inspector Richard Poole (Ben Miller) erklärt, heißt aber so schön französisch, weil sie früher mal französisch war. Das wiederum muss sein, weil es sich um eine Koproduktion mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen Frankreichs handelt.
Miller, eigentlich ein begnadeter Comedian, spielt seinen Poole als eine eher mal ausbaufähige Mischung aus Barnaby und Mr Bean – sieht dabei aber aus wie die „Men in Black“ minus Sonnenbrille. Obwohl er die in der gleißenden Sonne von Sainte Marie gut gebrauchen könnte.
Wie ein nasser Lappen im Gesicht
Aber weil er nun mal Engländer ist, behält er den schwarzen Anzug wie die Halbschuhe auch bei waghalsigen Strandspaziergängen an, sein Gepäck ist eh schon beim Start in London Heathrow verschwunden, natürlich geht ihm die ganze Hitze mächtig auf den Sack, und er singt das hohe Lied vom Londoner Nieselregen, „dieses Gefühl auf dem Gesicht – wie ein nasser Lappen“.
Natürlich stakst Miller nicht allein durch sein Antiidyll, womit wir endlich bei der kriminalistischen Handlung wären: Im Schutzraum des Anwesens eines praktischerweise ebenfalls englischen Adligen auf der Insel liegt ein weiterer Brite. Der ist a) tot und b) eigentlich Leiter der Polizeidienststelle vor Ort, kann nun aber nicht mehr selbst ermitteln, womit wiederum Pooles Anwesenheit geklärt wäre. Poole bemerkt schnell, dass mit den feinen Herrschaften irgendwas nicht stimmt, weil sowohl Lord wie Lady fremdgehen.
Die Hauptverdächtige – dank Koproduktionspartner gespielt von der Französin Sara Martins – macht ihren Job zunächst auch ganz gut, bis sie sich als verdeckte Ermittlerin entpuppt. Am Ende der hirnrissigen Story ist auch der Lord tot, der Täter jemand ganz anderes und die Ziege immer noch im Knast.
Irritierend an der eher mal teureren BBC-Serie ist dieses Verharren an der Klischeeoberfläche. Für umgerechnet rund 1,5 Millionen Euro pro Folge – in Deutschland sind Serien deutlich billiger – ist da normalerweise mehr drin. Richtig „neo“ ist „Death in Paradise“ auch nicht, obwohl es beim digitalen Lieblingskind des ZDF läuft.
In seiner ganzen Biederkeit wäre das Ganze absolut ZDF-hauptkanaltauglich, dort vermutlich auch erfolgreich und immerhin besser als „Kommissar Stolberg“ und der ganze Driss. Dem britischen Publikum war das wurscht: Trotz mieser Kritiken kam das Serienparadies auf durchschnittlich rund sechs Millionen ZuschauerInnen, worauf es die BBC gleich in die zweite Staffel schickte.
Weil das ZDF Doppelfolgen zeigt, wird heute Abend anschließend eine Braut auf ihrer eigenen Hochzeit mordsmäßig überrascht – von einem Speer, der sich durchs liebende Herz bohrt. Und man ahnt: Auch wenn das vermaledeite Gepäck mittlerweile aus Heathrow in die Karibik geschaukelt ist, wird Poole seinen schwarzen Anzug niemals ausziehen.
Montag, 21.55 Uhr, ZDFneo
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Lateinamerika und Syrien
Assads Freunde
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse