■ UN-Tribunal hebt Urteil teilweise auf: Serbischer Kriegsverbrecher darf in Berufung
Den Haag (dpa) – Die Berufungskammer des UN-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag hat gestern das 1996 gefällte Urteil gegen den bosnischen Kroaten Drazen Erdemovic teilweise aufgehoben. Der 25jährige war wegen seiner Teilnahme an Massenerschießungen in Srebrenica zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Im Berufungsverfahren entschieden die Richter nun, daß sich Erdemovic vorschnell und „nicht hinreichend informiert“ schuldig bekannt habe. Er erhält deshalb die Möglichkeit, sein Schuldbekenntnis zu widerrufen.
Erdemovic hatte gestanden, als Soldat in der Armee der bosnischen Serben in Srebrenica ungefähr 70 moslemische Zivilisten erschossen zu haben. Nach eigener Darstellung wäre er selbst getötet worden, wenn er den Schießbefehl verweigert hätte. Als er von den Richtern im vergangenen Jahr gefragt wurde, ob er sich als schuldig im Sinne der Anklage betrachte, bejahte er dies unter Tränen.
Die Berufungskammer vertrat mehrheitlich die Ansicht, Erdemovic sei sich nicht darüber im klaren gewesen, daß er wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt war. Dies ist ein besonders schweres Kriegsverbrechen. Wenn er besser informiert gewesen wäre, hätte er sich nach Meinung der Richter möglicherweise nur zu Kriegsverbrechen im allgemeinen bekannt.
Erdemovic war der erste Angeklagte, der vom Tribunal verurteilt worden war. Dagegen hatte er Berufung eingelegt und seine Freilassung gefordert. Dies lehnten die Richter am Dienstag ab. Sie bestätigten das Urteil der ersten Strafkammer auch darin, daß sich ein Soldat bei Kriegsverbrechen nicht auf einen „Befehl von oben“ berufen kann.
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