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■ Serbiens Präsident spielt bei den Kosovo-Verhandlungen auf ZeitKein Frieden ohne Friedenstruppen

Es war zu erwarten, daß der jugoslawische Präsident Slobodan Milošević auf Zeit spielen würde. Trotzdem verwundert seine Unverfrorenheit: Einerseits will er große Teile des Rambouillet-Abkommens unterzeichnen. Andererseits läßt er im Kosovo Soldaten marschieren und – seit Samstag mittag – albanische Dörfer angreifen.

Dabei hofft der jugoslawische Präsident, daß trotz aller Drohszenarien die tatsächlich existierende Scheu aller Nato-Staaten, eine Bombardierung Serbiens anzuordnen, zu Spaltungen führt. Diese Politik ist so alt, wie der Krieg in Ex-Jugoslawien dauert. Nach all den Erfahrungen mit Milošević müßten selbst die gegenüber Belgrad gutwilligsten westlichen Politiker von diesem Spiel die Schnauze voll haben.

Doch gänzlich auszuschließen sind Risse im westlichen Bündnis nicht. So hängt nun alles an den USA und ihrer Führungskraft. US-Außenministerin Madeleine Albright ist bisher hart geblieben. Wenn jetzt selbst der deutsche Außenminister Fischer formuliert, ein Abkommen wäre nur ein Fetzen Papier, wenn man nicht auch für seine Umsetzung sorgen würde, dann zeigt dies, daß die Führungsrolle der USA akzeptiert wird. Daß in Bosnien das Abkommen von Dayton gerade in der Frage der Rückkehr der Vertriebenen unterlaufen wurde, ist eine Erfahrung, die im Kosovo nicht wiederholt werden soll. Mit einem OSZE-Mandat oder dem von UNO-Truppen ist nun einmal keine Garantie für die Umsetzung des Abkommens von Rambouillet zu geben. Dazu braucht man ein stärkeres Mandat der zivilen internationalen Institutionen und eine Nato-Friedenstruppe.

Die Stationierung von Nato-Truppen ist auch nötig, weil die Kosovo-Albaner sonst nicht unterschreiben können. Ob die UCK demobilisiert wird, hängt von der Glaubwürdigkeit des Westens und damit vom Einsatz von Nato-Soldaten ab. Wer könnte es den Albanern auch verdenken, nach den Massakern auf Sicherheiten zu verzichten? Selbst die Führung der jugoslawischen Teilrepublik Montenegro, die in Rambouillet nicht vertreten ist, fordert jetzt offen den Einsatz von Nato-Truppen selbst im eigenen Land – und stellt sich damit explizit gegen Milošević. Knickte der Westen wieder ein und begnügte sich mit einem „weichen Mandat“ seiner Truppen, wäre die Mission schon gescheitert, bevor sie begonnen hat. Der Krieg ginge weiter und würde sich wahrscheinlich sogar auf Montenegro ausweiten. Zu einer Friedenstruppe unter Führung der Nato gibt es also keine Alternativen mehr. Erich Rathfelder

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