Senegals Linksregierung stellt Pläne vor: Für ein „souveränes“ Senegal
Senegals Premierminister Ousmane Sonko will das Land für die nächsten 25 Jahre umkrempeln. Zu seinen Baustellen gehören auch die Außenbeziehungen.
Pastef (Afrikanische Patrioten Senegals für Arbeit, Ethik und Brüderlichkeit) hatte im März mit ihrem Spitzenkandidaten Bassirou Diomaye Faye die Präsidentschaftswahlen in Senegal mit knapp 55 Prozent gewonnen, vor allem mit den Stimmen der städtischen Jugend, die unter Arbeitslosigkeit und Korruption leidet.
Parteigründer Sonko, der wegen Verurteilungen vor Gericht nicht selbst als Präsident kandidieren durfte, wurde Premierminister, aber konnte mangels Parlamentsmehrheit wenig gestalten. Bei vorgezogenen Parlamentswahlen im November siegte Pastef erneut mit knapp 55 Prozent der Stimmen und hält nun mit 130 von 165 Sitzen eine komfortable absolute Mehrheit. Nun kann Sonko durchregieren.
„Es ist zwingend notwendig, einen Bruch von nie dagewesener einer Tiefe und Tragweite zu vollziehen, seit unserer Erlangung der Unabhängigkeit“, leitete Sonko seine Regierungserklärung bedeutungsschwer ein.
Abrechnung mit der alten Regierung
Dabei begann der Regierungschef mit einer schonungslosen Abrechnung. Die Prüfung der öffentlichen Finanzen hatte ergeben, dass das Haushaltsdefizit und die Staatsverschuldung unter der ehemaligen Regierung zu niedrig angesetzt waren. Die Offenlegung der neuen Zahlen hatte zur Aussetzung der Finanzhilfen durch den IWF und der Weltbank geführt. Entsprechend kündigte Sonko tiefgreifende Wirtschafts- und Steuerreformen an.
So sollen zwar Steuern gesenkt werden, aber die Zahl der Steuerzahler erhöht werden und gegen Steuerhinterziehung vorgegangen werden. Auch sollen bilaterale Abkommen neu verhandelt werden, „wenn diese für uns ungünstig sind“, so Sonko. Ziel sei ein souveränes Senegal mit einer blühenden Wirtschaft. Aufschwung verspricht sich das Land vor allem durch die Förderung der Gasvorkommen vor Senegals Küste. Diese soll 2025 beginnen.
Des Weiteren kündigte Sonko eine Überarbeitung des Amnestiegesetzes an. Dieses war am 6. März 2024 unter Ex-Präsident Macky Sall verabschiedet worden. Das Gesetz hatte es ermöglicht, Hunderte Personen freizulassen – darunter auch Ousmane Sonko und Bassirou Diomaye Faye, womit dieser Präsident werden konnte.
Doch deckt es auch Verbrechen und Vergehen ab, die zwischen 2021 und 2024 begangen wurden. Darunter die gewaltsame Niederschlagung von Protesten vor den Präsidentschaftswahlen 2024. In den kommenden Wochen soll ein Gesetzesentwurf vorgelegt werden, um die Vorfälle aufzuklären, kündigte Sonko an. „Es geht hier nicht um eine Hexenjagd, und schon gar nicht um Rache. Es geht einfach um Gerechtigkeit“, erklärte er.
Frankreich wird es schwerer haben
Zudem bestätigte Sonko die Aussage von Präsident Faye, französische Militärstützpunkte im Land schließen zu wollen, ging jedoch nicht weiter auf die Details ein. Stattdessen bekräftigte er Senegals Absicht, die Zusammenarbeit mit anderen afrikanischen Ländern vertiefen zu wollen.
Auch kündigte er das „Prinzip der Gegenseitigkeit“ bei der Erteilung von Visa an, ließ den Zeithorizont jedoch offen. „Gegenseitigkeit“ heißt, dass es beispielsweise für Franzosen in Zukunft genauso schwer wird, nach Senegal zu reisen, wie jetzt schon für Senegalesen nach Frankreich.
In Bezug auf die illegale Migration per Boot, die vor der Küste Senegals immer wieder zu Toten führt, kündigte Sonko an, Partnerschaften für legale Migration fördern zu wollen. Gleichzeitig will die Regierung die Küste stärker kontrollieren, um Menschen davon abzuhalten, den gefährlichen Seeweg nach Europa anzutreten.
Mit seiner Grundsatzrede hat Premierminister Ousmane Sonko nicht nur die Richtung für die kommenden Jahre vorgegeben. Es ist eine Vision einer anderen Politik, die auf Wandel, Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Souveränität basiert. Das wichtigste Versprechen dabei: Die Verpflichtung zu Wahrheit, Transparenz und einer Regierung, „die dient, anstatt sich zu bedienen“.
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