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Senats-Beauftragter Walter GauksAussiedlerverein im Visier der Integrationsverwaltung

Der schwarz-rote Senat überprüft die Abrechnungen des bis 2024 von seinem Aussiedlerbeauftragten Walter Gauks (CDU) geleiteten Vereins Lyra Marzahn.

Marzahn, mon amour Foto: Imago/Jürgen Ritter

Berlin taz | Nach Berichten über finanzielle Unregelmäßigkeiten beim Spätaussiedler-Verein Lyra Marzahn überprüft jetzt der Senat dessen Abrechnungen sowie des 2019 insolvent gegangenen Vereins Lyra. Beiden Vereinen stand lange die heutige Ansprechperson des Senats für Aussiedler und Russlanddeutsche, Walter Gauks (CDU), vor.

Wie Integrationsstaatssekretär Max Landero (SPD) auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion mitteilt, ist die Kontrolle aufgrund der Presseberichterstattung erfolgt. Die Prüfung fokussiere sich auf die „Einhaltung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Zuwendungsrechts“. Zudem werde geprüft, inwieweit die Vereine „aus Zuwendungsmitteln Personalkosten für den damaligen Vereinsvorsitzenden verausgabt haben und ob dies rechtlich zulässig ist“.

Der damalige Vereinsvorsitzende Gauks bekam 2022 fast 16.000 Honorar von seinem Verein überwiesen, sein Stellvertreter, der Marzahn-Hellersdorfer CDU-Bezirksverordnete Alexander Korneev, sogar noch mehr (taz berichtete).

Die Zahlungen waren teilweise als „Dienstleistung im Projektmanagement“ ausgewiesen – was dafür spricht, dass es sich um Honorare für öffentlich geförderte Projekte handeln könnte. Zahlungen eines gemeinnützigen Vereins an Mitglieder des eigenen Vorstandes gelten als In-sich-Geschäfte und sind nicht zulässig.

Auch Rechtsamt von Marzahn-Hellersdorf prüft

Falls öffentliche Mittel zweckwidrig verwendet wurden, würden Rückforderungen geprüft, schreibt Landero auf die Linken-Anfrage. Außerdem will die Senatsverwaltung für Integration mit der Staatsanwaltschaft kooperieren, die gegenwärtig wegen möglicher Untreue im Zusammenhang mit dem Verein Lyra Marzahn ermittelt.

Schon zuvor hatte das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf die Abrechnungen des Vereins geprüft, diese aber als „grundsätzlich korrekt und in sich schlüssig“ eingeschätzt. Die Bezirksverordnete Chantal Münster von den Grünen wundert sich, dass der Bezirk keine Fehler in der Abrechnung gefunden haben will.

Sie selbst hatte mit einer Buchprüferin Akteneinsicht beim Bezirksamt genommen, wobei ihr eine Reihe von Ungereimtheiten aufgefallen seien. Inzwischen wurde das Rechtsamt des Bezirks mit einer erneuten Prüfung beauftragt.

Zu den Ungereimtheiten gehört laut Münster beispielsweise, dass Alexander Korneev 2023 weitere 1.000 Euro Honorar aus Bezirksmitteln erhielt. Zudem bekam ein freier Mitarbeiter deutlich weniger Geld für seine Projektarbeit, als für ihn beim Bezirk beantragt worden war.

„Stattdessen bekamen dieses Geld fünf Leute, für die nach den mir vorgelegten Unterlagen weder ein Antrag beim Bezirk gestellt noch deren Qualifikation für ein sozialpädagogisches Projekt geprüft wurde. Ich frage mich, wofür diese Leute plötzlich Geld bekamen“, so Münster.

Vielbeschäftigte CDU-Funktionäre

Alexander Korneev ließ Fragen der taz zu den Honoraren unbeantwortet. Wo er die Zeit hernahm, neben seinem Job als Büroleiter im Abgeordnetenbüro von Gauks’ Frau, der CDU-Abgeordneten Olga Gauks, seinen Ehrenämtern als Bezirksverordneter, Ausschussvorsitzender in der BVV und Vorstandsmitglied im Verein auch noch Honorararbeit zu leisten, bleibt sein Geheimnis.

Der Linken-Politiker Kristian Ronneburg, der die parlamentarische Anfrage gestellt hat, fordert erneut weitergehende Schritte. CDU-Mann Gauks solle bis zur Aufklärung der Vorgänge sein Amt als Ansprechperson des Senats „nicht weiter ausüben und vertreten werden“, erklärt der aus Marzahn-Hellersdorf kommende Abgeordnete des Landesparlaments.

Glaubt man Chantal Münster von den Grünen, so kooperiert Marzahn-Hellersdorf, also der Bezirk, in dem die meisten Russlanddeutschen leben, schon nicht mehr mit Walter Gauks als Ansprechperson des Senats für diese Gruppe. Eine offizielle Bestätigung hierfür aus dem Bezirk gibt es nicht.

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