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Senator gibt Amt abMichael Braun geht

In Berlin tritt der umstrittene CDU-Justizsenator Michael Braun nun doch zurück. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zeigt sich erleichtert und räumt Fehlstart ein.

Da geht er, der Michael Braun - vorerst nur ein bisschen aus seinem Amt. Bild: dpa

BERLIN dapd | Nach nur elf Tagen im Amt hat Berlins Justiz- und Verbraucherschutzsenator Michael Braun seinen Rücktritt erklärt. Wegen seiner umstrittenen Rolle in einer Immobilienaffäre habe er die CDU "darüber informiert, dass er den Regierenden Bürgermeister heute um seine Entlassung bitten wird. Er geht diesen Schritt, um Schaden für Justiz, Verbraucherschutz und den Senat abzuwenden", teilte CDU-Landeschef Frank Henkel am Montag mit. Bis ein Nachfolger gefunden ist, soll Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) die Amtsgeschäfte von Braun kommissarisch weiterführen.

In den Berliner Parteien löste der Rückzug Erleichterung aus. Allen voran Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) begrüßte den Schritt. Der Verbraucherschutz sei ein hohes Gut für die Koalition, sagte er. "Ich freue mich, dass Herr Braun selber die Konsequenzen gezogen hat und insofern eingesehen hat, dass er nicht unbelastet dieses Amt ausüben kann."

Seit Wochen stand Braun wegen seiner früheren Berufstätigkeit als Notar in der Kritik. Verbraucherschutzanwälte werfen ihm vor, sich an dubiosen Immobilienschäften beteiligt zu haben. So soll Braun den Verkauf von Schrottimmobilien, deren realer Wert weit unter dem Verkaufspreis lag, notariell beglaubigt haben. Zuletzt hatte Braun sein Bedauern darüber ausgedrückt, dass Anleger geprellt worden seien. Als Notar habe er sich aber kein Fehlverhalten vorzuwerfen.

Auch vor diesem Hintergrund wollte Braun sein Amt nicht vorzeitig aufgeben. Bevor das CDU-Präsidium am Montagmorgen zusammenkam, um die Affäre Braun zu beraten, hatte er sich nur zu einem Teilverzicht bereit erklärt. Bis zur Klärung aller gegen ihn erhobenen Vorwürfe werde Staatssekretärin Sabine Toepfer-Kataw den Bereich Verbraucherschutz übernehmen, sagte Braun. Wenige Stunden später erfolgte dann der komplette Rückzug.

Bei der Union fürchtet man nun um die Außenwirkung. "Es wird natürlich so aussehen, als wäre der Rücktritt ein Schuldeingeständnis. Doch das Gegenteil ist der Fall", sagte CDU-Präsidiumsmitglied Thomas Heilmann. Und auch laut Henkel gibt es keinen Zweifel daran, dass sich Braun als Notar korrekt verhalten habe. "Er hat Praktiken dieser unseriösen Geschäftemacher, von denen er als Notar missbraucht worden ist, selbst in aller Form verurteilt", sagte der Landeschef.

Die Oppositionsparteien verkniffen sich am Montag eine juristische Bewertung der Vorgänge. So konnte die Piratenfraktion der Affäre sogar etwas Positives abgewinnen. "Ein Gutes hat der Fall Braun", schrieb Fraktionschef Andreas Baum. "Die Berliner sind auf die Machenschaften mit Schrottimmobilien aufmerksam geworden, die Berliner Notarkammer ändert ihre Richtlinien. So hat das fragwürdige Verhalten Brauns schlussendlich doch zu einer Verbesserung des Verbraucherschutzes in Berlin geführt." Die Grünen verlangten indes eine weitere Aufklärung der Vorfälle. Der Rücktritt dürfe nicht dazu führen, dass die Untersuchungen der dubiosen Geschäftspraktiken unterbleibe, sagte Landeschef Daniel Wesener.

Zugleich räumte Wowereit ein, dass seine rot-schwarze Landesregierung einen Fehlstart hingelegt habe. Es sei "kein normaler Start für eine Regierung, wenn in kürzester Zeit ein Regierungsmitglied um seine Entlassung bittet", sagte er. Die weitere Krisenarbeit will Wowereit indes dem Koalitionspartner überlassen. So übertrug er die Suche für einen geeigneten Nachfolger der Union. Dem Vernehmen nach könnte es bis Januar dauern, bis der Posten wieder besetzt wird. Braun selber will weiterhin Mitglied im Abgeordnetenhaus bleiben.

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13 Kommentare

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  • C
    chrisfre

    Dass und vor allem warum außer der Diäten wegen Herr Braun im Abgeordnetenhaus bleibt (war er denn mehr als 12 Tage dort?, erschließt sich mir nicht.

     

    Sein kommissarischer Verteter ist auch so eine CDU-Gestalt, die es erst mal mit Bluff&Pfusch probiert,... bis er, darauf hingewiesen, nolens volens den juristisch nicht belangbaren Weg beschreitet:

     

    Auch der Berliner Landesabgeordnete Mario Czaja schmückte sich einst mit einem akademischen Grad aus der Titelmühle in Teufen bei St. Gallen: Er zog 2005 als "Diplom-Ökonom" in den Wahlkampf und brachte das Kunststück fertig, das einzige Direktmandat der CDU in Ost-Berlin zu holen. Als der Schummel aufflog, bekannte Czaja sich zu tätiger Reue: Er begann ein neues Studium der Betriebswirtschaft an der Technischen Hochschule Wildau in Brandenburg und beendete es im vergangenen Jahr mit Auszeichnung. Er kann sich jetzt mit allem Fug und Recht Diplom-Betriebswirt (FH) nennen.

     

    Meine Frage: WER hat die Arbeit geschrieben?

  • F
    Florian

    Und, bekommt er nach 11 Tagen im Amt schon eine stattliche staatliche Rente? taz, bitte ermitteln!

  • DF
    der finne sein kater

    "angesichts der einseitigen und andauernden Presseberichterstattung" -- nicht etwa, weil der typ ein verbrecher ist, neiiiin. die pöse pöse presseberichterstattung wars mal wieder...

  • Y
    yberg

    hätte niemals gedacht,daß der emister wegen so ner kleinigkeit zurücktritt.

     

    irgendwie is der kulturwandel innerhalb der cdu an mir vorbeigegangen.

     

    so nuh geh ich mal mein weltbild neu ordnen.

  • E
    EnzoAduro

    Gut.

    Die 90er sind so 20. Jahrhundert.

     

    Das hat so zu bleiben.

  • C
    Call

    Ist es wirklich im Sinne der Verbraucher, dass Herr Braun an seinen Notartisch zurückkehrt?

  • P
    P.Haller

    Na geht doch !!

  • C
    chrisfre

    Öffentlich erzwungener Rücktritt

     

    Ein Hoffnungsschimmer, was die schon so lange versumpfte und korrumpierbare Berliner CDU nicht erst seit dem Bankenskandal und dem Freispruch für Landowsky angeht. Allerdings wäre dies nicht ohne investigativen Journalismus und den seine Aufgabe ernst nehmenden Verbraucherschutzanwalt möglich gewesen. An beide Adressen: Lob und Dank! Und bleiben Sie bitte am Thema, denn diese Immobilien-akteure gibt es ja weiter, auch wenn sie nun die Notare wechseln!

     

    Dr. Uwe Lehmann-Brauns und Michael Braun bleiben allerdings CDU-Mitglieder, von denen man sich nicht trennen wird. Herr Henkel, der Braun bis jetzt nicht mal im Subtext seiner Erklärung kritisch gegenübertritt, sondern die "Ehre" rettet, auch. Muss das kommentiert werden? Sarrazin ist auch noch SPD-Mitglied. Es wäre für das eh zunehmend an den Politikern zweifelnde und von ihr verprellte Wahlstimmvieh doch endlich eines Bürgerbegehrens o.ä.wert, Transparenz einzufordern über Kriterien für Parteiausschlüsse in den beiden (!) Hauptsumpfgebieten Berlins (von der SPD etwa, was die Wasserverträge angeht).

  • WP
    Werner Peltzer

    Hurra hurra, der Filz ist da.

     

    Es ist keinesfalls erstaunlich, dass Michael Braun nun zurücktreten musste; es ist vielmehr unbegreiflich, dass er überhaupt Senator werden konnte.

  • S
    Steven

    Kaum 12 Tage im Amt und schon schlägts dreizehn...

  • GE
    Geschickt Eingefä delt

    Wenn ich die taz wäre, würde ich die Notar-Innung von Berlin dazu bringen, innerhalb 6 Wochen neue verbindliche Rulesets von allen Notaren unterschreiben zu lassen.

    Ansonsten empfiehlt die TAZ Notare die diese Rulesets selber unterschrieben haben und in Brandenburg oder ausserhalb des Innungs-Gebietes sind.

     

    Davon abgesehen wäre schön, die Banken irgendwie mit ins Boot zu holen. Die werden dann Listen problematischer Unternehmen führen und sind schlechter durch Juristen angreifbar als Private Opfer-Sites die ähnlichen Schutz geniessen wie die Wahlbeobachter in Russland.

     

    Wowi kann sich freuen. Wenn man die Geschichte gut genug aufkochen würde, würde kein Bürgerlicher Hausbesitzer mehr CDU wählen. Denn Mietpreller und Bankbetrüger und Schrott-Immobilien machen aus angeblich sicheren Investitionen bestenfalls Nullsummenspiele während die Grünen die Großstädte überfüllen und die Mieten ins gigantische explodieren lassen und auch noch stolz darauf sind.

    In 5-10 Jahren berichtet der Spiegel dann über den Immobilien-Sumpf der noch viel schlimmer ist als die Zahnärzte letzte Woche.

    Schade das die taz solche Scoops nicht hat weil sie auf anonyme Internet-Meldesysteme bewusst verzichtet. Schliesslich gabs 2008 schon Beschwerden über Braun.

  • ZK
    Özgür Kültürbereicherer

    Geil, Berlin hat endlich den Teilzeit-Senator eingeführt. Na geht doch!

    Hoffentlich kümmert der sich jetzt mehr ums eine Kinder und bringt denen bei, wie man bei Abzocke keine Spuren hinterläßt.

     

    Ist das nicht beschämend für Euch Kartoffeln?

    Sonst zeigt Ihr doch immer gerne auf Politiker anderer Nationen mit dem Finger ...

  • W
    Wolf

    Alle sogenannten "Mitternachtsnotare" (so nannte mein Vater seine unseriösen Berufskollegen) wissen was sie tun oder sie wollen es nicht wissen.

    Braun sollte gehen, falls ihm irgendetwas an seiner Fraktion liegt.