: Senat bleibt unvermögend
Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) lehnt höhere Steuern für Reiche ab, signalisiert aber Gesprächsbereitschaft bei der Erhöhung der Körperschaftssteuer
Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) lässt gewöhnlich keine Gelegenheit verstreichen, um auf die „dramatische Finanzsituation Hamburgs“ aufmerksam zu machen. Stets verbunden ist damit sein Hinweis auf die „extremen Steuerausfälle“, auf die Auswirkungen der rot-grünen Steuerreform im Bund. Die derzeitigen Überlegungen der SPD-Länder, durch die Erhöhung der Erbschafts- und die Wiedereinführung der Vermögenssteuer den Bundesländern neue Einnahmen zu verschaffen, stoßen trotzdem auf seinen harten Widerstand.
Der schleswig-holsteinische SPD-Haushaltsexperte Günter Neugebauer hat gestern noch einmal darauf hingewiesen, dass auch fürs kommende Jahr Steuerausfälle in dreistelliger Millionenhöhe für sein Bundesland zu erwarten sind. Die Kieler Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) ist denn auch eine der vehementesten Streiterinnen für die Vermögenssteuer.
Zwar gibt es keine zuverlässigen konkreten Zahlen, was die Wiedereinführung dieser Reichen-Abgabe den Kassen in Hamburg und Schleswig-Holstein bringen würde. Jedoch hat zum Beispiel die Gewerkschaft ver.di mal errechnet, dass allein die neun reichsten Hamburger Familien – an ihrer Spitze der Versandhaus-Clan Otto – ein geschätztes Vermögen von 26 Milliarden Euro besitzen: Das ist dreimal so viel wie der Hamburger Jahreshaushalt. Die Argumentation von ver.di-Chef Wolfgang Rose: Wenn diese neun Familien nur mit zwei Prozent zur Kasse gebeten würden, könnte der Haushalt teilsaniert werden.
Die Christ- und FreidemokratInnen sind entschieden dagegen. Peiner hält eine solche Maßnahme für konjunkturschädlich. Eine höhere Steuer mindert die Kaufkraft, so sein Credo.
Bei einem anderen Steuerthema ist er jedoch erheblich gesprächsbereiter. So erwägt die CDU inzwischen, einer Erhöhung der Körperschaftssteuer für Konzerne im Bundesrat zuzustimmen. Denn auch Peiner und seine Parteifreunde in den anderen Ländern haben gemerkt, dass Großunternehmen kaum noch Körperschaftssteuer abführen. Die Abgabe wurde in den vergangenen Jahren von den internationalen Konzernen ad absurdum geführt: Verluste wurden in der Bilanz so lange mit Gewinnen trickreich verrechnet, bis am Ende offiziell kein Gewinn mehr da war, der versteuert werden musste. Hamburg als Sitz zahlreicher Tochterunternehmen von ausländischen Konzernzentralen ist davon besonders betroffen.
Eine Mindeststeuer, die Ländern und Kommunen eine gewisse Basis sichert, wird daher auch von Peiner erwogen: „Es kann nicht angehen, dass im wesentlichen die mittelständischen Betriebe und die Lohnsteuerzahler die notwendigen öffentlichen Ausgaben finanzieren.“ PETER AHRENS
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