Seltene Geburtstagsparty: Tribut für Lacky Man
Wenn man nicht wüsste, dass auch in Musikerkreisen gestorben wird, könnte man denken, dass es mit dem Tod erst so richtig losgeht. Dazu passt, dass am Dienstagabend schon wieder eine schöne Musikveranstaltung anstand: eine Gala zum 70. Geburtstag von Reinhard Lakomy.
Der Mann mit der schlohweißen Mähne und der Nickelbrille ist nun auch schon fast drei Jahre tot (Krebs). Aber so unvergessen, dass er es posthum schaffte, das Kino Babylon für sein eigenes Tribut-Konzert ratzfatz auszuverkaufen. Es leben offensichtlich noch genug Ostler, deren Leben von Lakomys Musik begleitet wurde: Der (aus Magdeburg) zugereiste Berliner brachte es neben den Puhdys auf die meisten Veröffentlichungen in der DDR.
Dass die wenigsten Westgeborenen ihn kennen, liegt auch daran, dass Lackys Genie dem Nichtostler nach der Wende nicht mit den üblichen Erklärungsfloskeln nahegebracht werden konnte. Wie sollte man ihn als den Sowieso des Ostens erklären, wenn es zu ihm kaum ein bekanntes künstlerisches Westpendant gab? Einen der, Jazz und Soulrock machte, Schlager mit witzigen Texten voll alltagsgeprüfter Poesie: „So schön ist die Liebe im Wald“, „Was regt die Menschen uff, die Liebe und der Suff – mir doch egal“.
Ohrwürmer und Quatsch
Der experimentelle elektronische Musik schuf, dazu Ballett-, Sandmännchen- und „Polizeiruf“-Musik, und vor allem fantastische Kinderhörspielmusicals, zusammen mit seiner Frau Monika Ehrhardt. „Du hast zum Spaß und Quatsch aufgerufen, und alles waren Ohrwürmer“, wie ihm die Huldigenden am Dienstagabend – darunter Uschi Brüning, Dirk Zöllner, Angelika „Die Lütte“ Mann, Gregor Gysi – von der Bühne nach oben zuriefen und -sangen.
Den größten Ohrwürmern wird ja längst an Kitas und Grundschulen auch in Berlin gehuldigt. Sie heißen „Wolkenstein“, „Traumzauberbaum“ oder, nach einer Figur aus dem 1980 entstandenen Kinderhörspiel, „Moosmutzel“. Mit denen haben er und Monika Ehrhardt, die durch den Abend führte, Millionen Kinder beglückt – samt deren Eltern, weil sich Kinderquatsch und Niveau hier nicht ausschlossen. So wie Erwachsenengefühl und unpeinliche Wehmut in seinem schönen, frühen Lied: „Heut bin ich allein, ja, auch das muss ab und zu mal sein.“ Gunnar Leue
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