Selbstversorgung in Griechenland: Gemüsegarten gegen die Krise
In Karitena wird Geld knapp: Es gibt keinen Automaten, der Bus zur Stadt wurde eingespart, das Taxi ist zu teuer. Die Bewohner versorgen sich selbst.
Doch auch ihn treibt die Sorge, was passiert, wenn sich die Krise in die Länge zieht. „Wir werden eine Zeit lang auskommen, zwei Monate, vielleicht drei, weil ich auch meinen Verwandten was abgeben will. Wenn sie Not leiden, kann ich sie doch nicht im Stich lassen?“
Wie Mathes versuchen viele andere Dorfbewohner in Griechenland, sich durch die Produktion eigener Lebensmittel zumindest ein klein wenig abzusichern. In Karitena im Hochland Akadiens ist das essenziell, besonders seitdem Griechen nur noch 60 Euro pro Tag an den Geldautomaten abheben dürfen.
Denn der nächste Automat liegt in Megalopoli, der Bus dorthin ist den Sparmaßnahmen zum Opfer gefallen und viele der Rentner in Karitena können selbst nicht mehr Auto fahren. Eine Taxifahrt nach Megalopoli und zurück würde sie 40 Euro kosten – nur um 60 Euro abheben zu können.
Drachme oder Euro?
Trotz der Hiobsbotschaften aus Athen und Brüssel bleiben die Bewohner von Karitena zuversichtlich. 30 Menschen leben dort das ganze Jahr über, 100 sind es im Sommer. Sie setzen auf die Landwirtschaft und die Kraft der Dorfgemeinschaft. Auch wenn er selbst wenig hat, steckt Mathes seinen Besuchern noch ein Bündel mit Gemüse zu und ein paar griechische Chilopites-Nudeln, die seine Familie selbst herstellt.
„Im Dorf ist es einfacher zu leben“, sagt Ionnis Psilas, der nach dem Konkurs seines Autoimportunternehmens hoch verschuldet ist. „Du kannst Sachen von deinen Nachbarn bekommen und gibst ihnen etwas. In Athen ist man bloß ein Fremder.“ Dennoch: Auch im Dorf sei die Lage dramatisch und viele ältere Griechen fühlen sich an den Zweiten Weltkrieg erinnert, als sie auch auf sich allein gestellt durch schwere Zeiten kommen mussten.
Auf ihre Geschichte sind die Bewohner Karitenas besonders stolz. Beim Aufstand gegen die Osmanen 1821 waren sie unter den ersten, die sich erhoben. Über dem Dorf thront eine Burgruine aus dem 13. Jahrhundert, alte byzantinische Kirchen und Steinhäuser prägen das Ortsbild. Die Szenerie ist so idyllisch und geschichtsträchtig, dass der Ort sogar auf der 5000-Drachmen-Note abgebildet war, bevor die griechische Währung im Jahr 2002 durch den Euro ersetzt wurde.
Einige im Dorf hoffen, dass ein Austritt aus der Eurozone und eine Rückkehr zur Drachme einen Neuanfang bedeuten könnte, ohne Sparauflagen Brüssel. Andere wollen unbedingt beim Euro bleiben. Die Spannungen sind so groß, dass die Euro-Befürworter im Dorfcafé an einem Ende sitzen, die Gegner am anderen – zwischen ihnen eine Kluft aus leeren Tischen.
Rente per Post
Doch eines ist allen gemein, das Geld wird ihnen knapp. Dabei haben viele Rentner in diesem abgelegenen Teil Akadiens noch Glück, denn unter einer Sonderregelung darf ihnen ihre monatliche Pension von meist 250 bis 800 Euro mit der Post ausgeliefert werden. Auf dieses Geld sind ganze Familien angewiesen. Viele Jüngere haben keine Arbeit und leben von Zuschüssen ihrer pensionierten Eltern und Großeltern.
Nach der Schließung der Banken war auch in Karitena die Panik groß, als die Renten nicht kamen. Dann sei überraschend aber doch noch ein gepanzerter Geldwagen gekommen, sagt die Postangestellte Keke Bakoyanni, die das Geld dann vom Postamt ausliefert. Und zwar mit den vollen Renten und nicht nur den 120 Euro pro Woche, die Pensionisten im Rest des Landes bei den Banken holen dürfen. „Die Leute hier haben Glück, sie sind die einzigen in Griechenland, die ihre vollen Renten bekommen“, sagt Bakoyanni.
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