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Seit Montag verschwundenRichterin Courage

Sie gilt als Mrs. Tough, als Richterin Courage, manchen auch als Hardlinerin: die Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig. Seit Montag ist die Frau verschwunden.

Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig am 24.02.2010. Bild: dpa

Sie gilt als Mrs. Tough, als Richterin Courage, manchen auch als Hardlinerin: die Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig. Seit Montag ist die Frau verschwunden, von der viele sagen, sie hätte vor kaum etwas Angst. Die Polizei fahndet nach der 48-Jährigen, Anzeichen für eine Straftat gibt es aber bislang nicht.

Eigentlich wollte sie demnächst mit ihren beiden Töchtern in Urlaub fahren. Von ihrem Mann lebt sie derzeit getrennt. Vielleicht auch deshalb wird ein persönlicher Hintergrund ihres Verschwindens vermutet. Geboren wurde Heisig 1961 in Krefeld, zum Jurastudium zog sie nach Berlin, seit 2008 arbeitet sie als Jugendrichterin für den Berliner Bezirk Neukölln. Dort initiierte sie auch das sogenannte Neuköllner Modell, das mittlerweile berlinweit angewandt wird. Das Prinzip: Bei kleineren Delikten wie Einbruch oder Diebstahl, die höchstens vier Wochen Arrest nach sich ziehen, sollen jugendliche Straftäter innerhalb eines Monats verurteilt werden. Mit konsequenter und schneller Bestrafung will sie die Jugendlichen erziehen.

"Ende der Geduld" wird dann auch ihr erstes Buch heißen, im September soll es erscheinen. Ihr pädagogischer Ansatz: potenzielle Neonazis und jugendliche Schläger in denselben Kindergarten stecken - damit erst gar keine Nazis oder Schläger aus ihnen werden. Deswegen engagiert sich Heisig auch außerhalb des Gerichtssaals für Aufklärung und Gewaltprävention und arbeitet mit Initiativen wie dem Deutsch-Arabischen Zentrum für Bildung und Integration zusammen. Die Hintergründe dessen, dass die Anzahl von Delikten unter Jugendlichen türkischer oder arabischer Herkunft hoch ist, sieht sie differenziert, eine Verharmlosung von Gewalt akzeptiert sie nicht.

Auch deshalb setzt sie auf Bündnispartner aus migrantischen Verbänden. Über ideologische Kategorien setzt sie sich dabei hinweg, sie ist überzeugt: "Probleme werden nicht durch Tabuisierung gelöst." Von Menschen wie Nader Khalil vom Deutsch-Arabischen Zentrum wird sie für ihren Einsatz geschätzt, sie selbst berichtet jedoch vom Verlust von Freundschaften und einer feindseligen Atmosphäre unter manchen Kollegen.

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8 Kommentare

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  • A
    Alex

    Gerade habe ich gehört, die verschwundene Richterin sei tot...?!?

  • ...
  • S
    Steffen

    Law and Order Typen kann ich garnicht leiden, alleine mit mehr Härte ändert man nichts ... die Ursachen müssen an der Wurzel gepackt werden um Gewaltbereitschaft schon in der Entstehungsphase zu verhindern.

     

    Die Gerichte werden ja erst immer dann tätig wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.

     

    Dort wo die private Bereitschaft, zb. in Familien, Konflikte und Co zu vermeiden versagt muss der Staat viel härter zugreifen mit Hilfe von Jugendamt und Co.

     

    Bin der Meinung es muss eine Kindergartenpflicht geben um Kindern eine gesunde soziale Entwicklung zu ermöglichen unter anderen Kindern aus allen Gruppen der Gesellschaft.

     

    Die Kinder werden mehrheitlich erst dann "bekloppt" wenn sie aus ihrem Dunstkreis zb. aus gewissen Milieus nicht herauskommen und auch mal andere Lebens- und Verhaltensweisen erlernen/erleben.

     

    Konservative Mütter/Eltern empfinden es ja meist als gar grässlich ihr Kind in den Kindergarten zu schicken ... der böse Staat könnte die Kinder ja ideologisch beeinflussen usw. ... nein die Kinder lernen sich durchzusetzen, sich mit anderen sozialen Wesen friedlich zu arrangieren, zu kommunizieren, Konflikte zu vermeiden, zu teilen usw. ... und vorallem würden deutsche oder ausländische Kinder erfahren das man evtl. verschieden ausschaut aber im Grunde der selbe Mensch ist.

     

    Das baut Hass und Gewaltbereitschaft ab, sprengt gefährliche Isolationen in div. Milieus wo man ansonsten gerne unter sich bleibt.

     

    Damit erreicht man viel mehr als mit höheren Strafen und schnellerer Abfertigung vor Gericht.

     

     

     

    Der Dame hier wünsche ich an dieser Stelle alles Gute, den Angehörigen viel Kraft in dieser schweren Zeit ! Vielleicht hat sie nur eine Auszeit genommen und taucht bald gesund wieder auf. Man soll und darf nicht immer gleich vom Schlimmsten ausgehen.

     

    Drücke jedenfalls fest die Daumen das alles gut geht, sie noch nicht leblos gefunden zu haben kann auch ein gutes Zeichen sein !

  • GW
    Golda Wander

    Jeder, der in der BRD die Wahrheit sagt, wird gemobbt und muß sogar mit seinem (gesellschaftlichen, beruflichen) Tod rechnen. Das ist das Land, in dem wir leben. Wir sollten uns Gedanken machen über unser Zusammenleben.Jeden Tag findet eine neue Hetzjagd in der Presse statt. Leute, die die Wahrheit sagen,verschwinden. Das sind Siganle an die Bevölkeurng, Signale die Angst machen sollen, Signale die sagen, schweigt , haltet Euch mit Eurer Meinung, zurück, Signale die zu Ausgenzung führen, weil jeder sich fürchtet, sich mit der Wahrheit zu solidarisieren. Wir müssen aufmerksam werden, aufmerksam auf die Verschrieenen, aufmerksam auf die Mechanismen,die Angst erzeugen.

  • R
    rofl

    Hardlinerpopulismus als die neue Courage? Na dann eventuell auch TAZ als die neue INSM?

     

    "Ende der Geduld" wird dann auch ihr erstes Buch heißen, im September soll es erscheinen."

     

    (Schon wieder) Schleichwerbung aber davon mal abgesehn: wer mit der Geduld am Ende ist, ist in der Pädagogik am falschen Platz.

     

    "Ihr pädagogischer Ansatz:"

     

    Da ich nicht anfange im meiner Freizeit wild rumzurichten, sollte man als Pädagoge erwarten können, dass die Frau auch mal schön bei ihren Leisten bleibt.

     

    " potenzielle Neonazis und jugendliche Schläger in denselben Kindergarten stecken - damit erst gar keine Nazis oder Schläger aus ihnen werden."

     

    Goldig. Nazis und Schläger zusammenpferchen und alles wird gut.

    Warum eigentlich?

    Naja, vermutlich fehlt mir der juristische Hintergrund, um solcherlei "pädagogische" Ansätze zu verstehn.

  • H
    Hatem

    Sie ist tough und hat Mut, sie ist keine Hardlinerin.

    Sie tut sehr viel dafür, dass Menschen den Glauben an die Justiz nicht völlig verlieren: Die Opfer und die potentiellen Opfer. Indem sie das "Neuköllner Modell" entwickelte und Täter so schneller von der Straße holt.

     

    Ich hoffe, dass sie wohlbehalten wiederkommt.

  • DA
    Dr. Angela Tucek

    Es ist unfassbar, dass als zuverlässig geltende Richterin nicht schon 10. Min. nach Nichterscheinen übers Handy zu orten versucht wurde.

  • P
    Peter

    Ich kann nur hoffen das ihr nichts passiert ist, wenn wir mehr solch couragierte Richter hätten dann wäre die Jugendgewalt (von Mehrfachtätern) nicht so eine ernstes Problem.