: Seidenstraße per Diesellok
■ Iran und Turkmenistan durch Schienen verbunden. Teheran hofft auf Geschäfte
Mesched/Sarachs (dpa/AP) – Der erste „Seidenstraßen-Expreß“ hat gestern die iranisch-turkmenische Grenze passiert. Zuvor hatten die Präsidenten der beiden Staaten eine neue Schienenverbindung eröffnet, die von der Stadt Mesched im Nordosten Irans nach Tejen in Turkmenistan führt.
Die Strecke sei für die Region und die zentralasiatischen Staaten von „strategischer Bedeutung“, sagte der iranische Präsident Ali Akbar Haschemi Rafsandschani. Nach Auflösung der Sowjetunion vor vier Jahren habe der Iran zu „seiner Rolle in der Region“ gefunden. Der turkmenische Staatschef Sepamurat Nijasow bezeichnete die Öffnung der Eisenbahnverbindung als „sehr wichtiges Ereignis“.
Zu den Feierlichkeiten waren rund 50 hochrangige Politiker aus anderen Staaten der Region angereist. Mit der 295 Kilometer langen Bahnstrecke von Mesched nach Tejen wird theoretisch eine Lücke im interkontinentalen Eisenbahnnetz zwischen Deutschland und China geschlossen. Diese südliche Verbindung ist allerdings noch nicht durchgehend, da im Osten der Türkei ein Teil der Strecke wegen des Kurdenkonflikts seit rund drei Jahren geschlossen ist. 165 Kilometer der neuen Strecke liegen zwischen Mesched und Sarachs. Der zweite, 130 Kilometer lange Abschnitt verbindet Sarachs mit Tejen.
Der „Seidenstraßen-Expreß“ soll laut iranischen Presseberichten im ersten Jahr zwei Millionen Tonnen Fracht und 500.000 Reisende befördern. Für die Region bedeutet die Bahnverbindung die Wiederbelebung der historischen Seidenstraße. Glas-, Gold- und Seidenhändler waren bereits im zweiten Jahrhundert vor Christus von China bis nach Indien gezogen. Der Handelsweg verhalf Städten wie Mesched, Samarkand und Buchara in Usbekistan zu wirtschaftlicher Blüte.
Geplant ist auch ein Anschluß der neuen Schienenstrecke an die iranische Stadt Bafq, östlich von Jasd. Damit hätten die Länder Zentralasiens und China über die Verbindung Bafq–Bandar Abbas einen Zugang zum Persischen Golf.
Iran hofft, daß die Zugverbindung zu einem Wirtschaftsboom in Mittelasien führt. Teheran spekuliert darauf, daß neben Turkmenistan Usbekistan, Kasachstan, Tadschikistan und Kirgisien, allesamt Binnenstaaten, künftig ihre Wareneinfuhr verstärkt über iranische Häfen abwickeln. Die Kapazität der Häfen sei in den letzten Jahren massiv ausgebaut worden. In naher Zukunft könne die Frachtkapazität vervierfacht werden.
Neben der Eisenbahnstrecke wurden gestern auf iranischer Seite in der Stadt Sarachs ein internationaler Flughafen eröffnet und in der Wüste eine Freihandelszone geschaffen. An der gemeinsamen Grenze von Iran und Turkmenistan begann der Bau eines 75 Meter hohen und 600 Meter langen „Damms der Freundschaft“.
Der künstliche See am Fluß Harir im Nordosten Irans soll nach offiziellen Angaben rund 1,2 Milliarden Kubikmeter Wasser fassen. Das Projekt soll in fünf Jahren abgeschlossen sein.
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