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Segelregatta Volvo Ocean RaceAusgeleuchtetes Abenteuer

Beim Volvo Ocean Race fahren derzeit noch sechs Yachten um die Welt. Die jetzige Etappe durch die Straße von Malakka gilt als die schwierigste.

Volle Kraft voraus: das chinesische Team Dongfeng. Bild: dpa

Bei leichtem Wind und etwas Nebel ist am Samstag in Abu Dhabi die dritte Etappe des Volvo Ocean Race gestartet. Es ist die 12. Auflage dieses Yachtrennens um die Welt. In drei Wochen werden die Ersten in Sanya auf der südchinesischen Insel Hainan erwartet. Bis dahin könne die Führung unter den verbliebenen sechs Booten noch mehrfach wechseln. So lag nach Passieren der Straße von Hormus das Team Abu Dhabi mit dem britischen Skipper Ian Walker am Sonntagvormittag knapp hinter dem Dongfeng-Team aus China.

Der Kurs geht durch den Indischen Ozean vorbei an Sri Lanka, durch die vielbefahrene Straße von Malakka zwischen Indonesien und Malaysia. Die Boote passieren Singapur und durchqueren das Südchinesische Meer. Die jetzige Etappe gilt als eine der schwierigsten dieser Weltumseglung. Extrem dichter Schiffsverkehr in engen Gewässern, unbeleuchtete Fischerboote und viel Treibgut sind die Herausforderungen neben tropischen Gewitterstürmen.

Der britische Segelprofi Walker, der bereits zweimal teilnahm und jetzt mit seinem Team Abu Dhabi zu den Favoriten zählt, hatte bereits den ersten Abschnitt gewonnen. Der begann am 11. Oktober im spanischen Alicante und führte über 6.487 Seemeilen ins südafrikanische Kapstadt. Das niederländische Team Brunel gewann die zweite Etappe von Kapstadt nach Abu Dhabi. Es hat nach dem 3. Platz im ersten Abschnitt wie das Team Abu Dhabi und das Team Dongfeng ebenfalls vier Punkte. Es ist also noch alles offen.

Das chinesische Boot mit dem französischen Skipper Charles Caudrelier hatte im Südatlantik den Bruch eines Ruders zu verkraften. Man war mit einem Gegenstand im Wasser kollidiert. Die Reparatur gelang nachts auf hoher See. Dabei musste ein Segler außenbords tauchen. In Kapstadt kam Dongfeng dann nach 25 Segeltagen trotzdem nur 12 Minuten nach dem Etappensieger Abu Dhabi an.

Computergestützte Navigation

Für noch mehr Aufsehen sorgte die Strandung des dänischen Team Vestas Wind mit dem australischen Skipper Chris Nicholsen. Die Yacht war im Indischen Ozean östlich von Mauritius in voller Fahrt auf ein Riff geknallt. Zum Glück kam niemand zu Schaden. Doch verlor das Boot sein Heck und musste vorübergehend aufgegeben werden.

Ursache war ein Navigationsfehler aufgrund zu niedrig gewählter Zoomstufe der Navigationssoftware; Satellitengestützte Computerprogramme haben längst traditionelle Seekarten abgelöst. Der gewählte Modus des Programms hatte eine Wassertiefe von 40 Metern angezeigt. Darauf hatte sich der Navigator fälschlicherweise verlassen, statt mit höherer Auflösung das Gebiet näher zu betrachten und das Riff zu erkennen.

Gestrandete High-Tech-Yacht: Das Boot des dänischen Teams Vestas. Bild: dpa

Inzwischen ist das beschädigte Boot geborgen. Es soll noch für eine der letzten Etappen im Sommer in Europa fit gemacht werden. Der Sponsor bekam durch die Havarie viel Aufmerksamkeit. Jetzt hofft er auf „eines der größten Comebacks im Segeln“, so ein Firmensprecher. „Allerdings dürfte diese Comeback kaum mehr als ein symbolischer Akt sein,“ schreibt das Fachportal Segelreporter.com. Chancen auf eine gute Platzierung habe das Team nicht mehr, es ginge „eher um eine groß angelegte Marketing-Maßnahme“.

Erstmals baugleiche Boote

Marketing ist ohnehin fast alles bei diesem Rennen. Fast nur industrielle oder staatliche Sponsoren können die rund 15 Millionen Euro teuren Yachten bezahlen. Die sind 20 Meter lang und aus Kohlefaser, haben einen Neigekiel, der größere Segel und damit höhere Geschwindigkeiten ermöglicht. Breite flache Hecks lassen die Boote trotz ihrer elf Tonnen Gewicht gleiten. Das sorgt bei stärkerem Wind für spektakuläre Bilder und Geschwindigkeitsrekorde.

Das Rennen

Der Hintergrund: Das Ocean Race ist eine seit 1973 alle vier bzw. seit 2006 alle drei Jahre durchgeführte Segelregatta, die einmal um die ganze Welt verläuft. Die Regatta startet im Herbst in Europa, die weitere Route führt durch den Atlantik, umrundet Afrika, führt in den Pazifik nach Amerika und von dort wieder zurück nach Europa. Die ersten sechs Austragungen hießen noch The Whitbread Round the World Race.

Die Boote: Sieben Teams aus Schweden, den Vereinigten Arabischen Emiraten, China, der Niederlande, der Türkei, aus Spanien und Dänemark gingen heuer an den Start.

Für dieses Rennen wurden die Boote verkleinert und erstmals als Einheitsklasse konzipiert; die Baugleichheit halbierte die Kosten, erhöhte die Sicherheit und steigerte den sportlichen Wert. Die Teams liegen jetzt enger zusammen. Mit dem schwedischen Team SCA samt wechselnden britischen Skipperinnen ist auch wieder eine reine Frauencrew dabei. Sie darf mit elf statt den sonst nur acht Aktiven an Bord starten, belegte aber bisher auf den anspruchsvollen Hochsee-Etappen nur hintere Plätze.

Damit die wahnwitzige Regatta über ferne Ozeane überhaupt wahrgenommen wird, hat jede Segelcrew einen eigenen Reporter an Bord. Der liefert per Satellit täglich Filme und Interviews, Blogeinträge, Tweets und Fotos. Festinstallierte Kameras machen die Boote zum Big-Brother-Container. An Deck gibt es eigens einen spritzwassergeschützten Interviewplatz. „Das ganze Design der Boote ist durch die Medien beeinflusst,“ sagt Skipper Ian Walker. Wegen der benötigten Medienaufmerksamkeit gibt es auch mehr Hafenstopps als in der Anfangszeit des Rennens in den 70er Jahren. Dort können sich die Sponsoren jeweils vor Ort präsentieren.

Und außerdem segeln per Smartphone-App Segelfans in aller Welt längst virtuell mit – spielerisch. Wie die echten Crews erhalten inzwischen 165.900 Personen weltweit mehrmals täglich die Wetterdaten, auf deren Basis sie laufend ihren virtuellen Kurs um die Welt bestimmen können. Ziel ist Ende Juni das schwedische Göteborg.

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