Segeln bei Olympia in Paris: Allrounder in schwierigem Revier
Die Segler Jakob Meggendorfer und Andreas Spranger liegen mit ihrem 49er-Boot gut im Rennen. Die Vorbereitung hat ihnen einiges abverlangt.
Marseille kann brutal sein. Wenn kein Lüftchen bläst und Temperaturen jenseits der 30 Grad herrschen, scheinen sich alle Menschen langsamer durch die Stadt zu bewegen als sonst. Auch in der Olympischen Marina in Marseille unweit des großen Stadtstrandes, wo es bisweilen schwer ist, einen Platz für das Handtuch zu finden, geht es alles andere als hektisch zu in diesen Tagen. Ein wenig Wind wäre halt schön. Nicht nur zur Erfrischung, ganz einfach zum Segeln. Wird schon noch, sagen alle, die man auf dem Gelände trifft. Ende der Woche soll alles ganz anders sein. Max Groy, der Trainer des 49er Bootes der Männer, jedenfalls ist zuversichtlich.
Er betreut in Marseille Jakob Meggendorfer und seinen Vorschoter Andreas Spranger, die für den bayerischen Yacht-Club segeln, und will sich nicht an den Bedingungen stören. Seine beiden Segler seien Allrounder, die bei Flaute ebenso gut durchs Wasser kommen wie bei Starkwind. Andere Teams hätten auf Kraft gesetzt, auf schwere Athleten. Die werden sich bei dem lauen Lüftchen vielleicht schwerer tun. Meggendorfer und Spranger jedenfalls halten sich bis jetzt gut. Bei der dritten Wettfahrt kamen sie auf Rang drei ins Ziel und lagen in der Gesamtwertung auf Rang 7. Es könnte also durchaus klappen mit dem Ziel sich als eines der zehn besten Boote für das Medal Race zu qualifizieren.
Das German Sailing Team, wie sich die deutsche Auswahl nennt, ist ja durchaus verwöhnt mit Erfolgen in der 49er Klasse. Erik Heil und Thomas Plößel haben in Rio de Janeiro und in Tokio jeweils Bronze gewonnen. Als „Ansporn“ empfindet das Andreas Spranger, der mit weißer Kühlweste vor dem Imbissraum der Athleten in der Marina steht. „Klar ist es ein Traum, es genauso zu machen.“ Meggendorfer und Spranger kennen die Medaillengewinner gut. „Die haben uns auch wenig wenig gecoacht in den vergangenen Jahren“, erzählt Spranger. Sie halten zusammen, die Segler.
Immer wieder ist vom guten Teamgeist unter den Deutschen. Zum Team gehören Meggendorfer und Spranger schon, lange bevor sie das Olympiaticket erhalten haben. Eigentlich hatten sie die Norm für die Spiele verpasst. „Wir haben die deutsche interne Ausscheidung gewonnen, aber wir haben knapp die DOSB-Kriterien verpasst, wir waren nicht in den Top-10-Nationen“, sagt Spranger. Er und sein Steuermann wussten, dass der Deutsche Seglerverband einen Einzelfallantrag beim Deutschen Olympischen Sportbund stellen würde, aber natürlich nicht, wie die Entscheidung ausfallen würde.
Immense Investitionen
Und so bereiteten sie sich mit den schon Nominierten seit Monaten so vor, als hätten sie die Qualifikation sicher. „Schwierig“, sei das gewesen, erinnert sich Spranger. „Man hat es während der Zeit gar nicht so wahrgenommen, aber rückwirkend war es schon eine Belastung.“ „Krass“ sei es gewesen, wie sich alle gefreut haben, als endlich die Entscheidung Anfang Juli gefallen war.
Da hatten die beiden, die sich schon als Jugendliche beim Segeln am Chiemsee kennengelernt haben, schon viel für Olympia investiert. Ein neues Boot haben sie sich zugelegt. Der Verband übernimmt nur die Reisekosten und die für den Trainer. Ein Sponsorenpool, der von ihrem Klub vom Starnberger See zusammengestellt wurde, ermöglichte die Finanzierung für den 25.000 Euro teuren Rumpf. Dem Klub fühlen sich die beiden Bayern verbunden und sehen sich ein wenig als Vertreter ihres Bundeslands, auch wenn sie längst an den deutschen Olympiastützpunkt nach Kiel gezogen sind.
Aber dort waren sie in den vergangenen Monaten weitaus seltener als in Marseille, wo das deutsche Team ein Trainingsquartier eingerichtet hat. Über Monate konnten sie sich auf die „tricky“ Winde vorbereiten. In Sprangers Seglerdeutsch hört sich das so an: „Vor allem wenn wir ablandigen Wind haben, dann kommt der über die Berge, und weil das Hinterland hier extrem warm ist, wird er dann sehr löchrig, sehr böig, sehr drehend, manchmal kommt er links vom Berg rum, manchmal rechts.“ Das mache es schwer, Entscheidungen zu treffen.
Jetzt ist man im Segelrevier erst mal froh, wenn überhaupt ein Lüftchen weht. Dass Marseille kein reines Speedrevier ist, war in den vergangenen Tagen offensichtlich. Ob das den Deutschen liegt? „Egal, wir nehmen, wie es kommt“, sagt Spranger.
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