Sechs Jahre nach Plünderung: Bagdader Museum öffnet seine Pforten
Das irakische Nationalmuseum ist zum Teil wieder geöffnet. Doch dieser Schritt ist zwischen Politikern und Experten umstritten. Nicht jeder darf rein. Und noch immer fehlen tausende Objekte.
Knapp sechs Jahre nach dem Raubzug von Plünderern hat das irakische Nationalmuseum am Montag seine Pforten teilweise wieder für die Öffentlichkeit geöffnet. Mit seinen Objekten aus sumerischer, babylonischer und assyrischer Zeit beherbergt das Museum eine der bedeutendsten Sammlungen nicht nur im Nahen Osten, sondern weltweit.
Von einem nur wenige Stunden dauernden Intermezzo im Jahr 2003 abgesehen, war das Museum seit dem Sturz von Saddam Hussein geschlossen. Obwohl amerikanische Panzer vor dem Museum, das 11.000 Jahre Kulturgeschichte erzählt, aufgefahren waren, schauten die Soldaten tatenlos zu, wie rund 15.000 wertvolle Objekte dem Raubzug von Gelegenheitsdieben, aber offenbar auch von professionellen Kunsträubern zum Opfer fielen. "Warum konnten sie das Ölministerium schützen, nicht aber das Kulturerbe?", fragte der Archäologe Taha Kerim am Rande der Eröffnungsfeier.
Den Vandalismus der Diebe zeigte Museumsdirektorin Amira Eidan den geladen Gästen anhand einer kleinen Fotoauslese - umgeworfene Statuen, zerbrochene Keramik und eingeschlagene Türen. Trotz internationaler Anstrengungen, den illegalen Handel zu unterbinden, sind erst 6.000 Objekte wiederaufgetaucht und an das Museum zurückgegeben worden. Insbesondere die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern, aber auch eine Sondereinheit bei Interpol hat zur Wiederauffindung beigetragen. Knapp 2.500 wurden in Jordanien, 700 in Syrien und mehr als 1.000 Objekte in Amerika entdeckt, aber selbst in Peru machten Fahnder Schmuggler dingfest. Ein Teil davon kann man jetzt im Bagdad-Saal sehen, wobei Zettel auf die jeweiligen Länder hinweisen.
In seiner Ansprache pries der irakische Regierungschef Nuri al-Maliki die Wiedereröffnung als wichtigen Beweis für die Sicherheit des Landes. Das Großaufgebot an Polizisten und Sondereinheiten erweckte freilich nicht den Eindruck, dass Bagdad besonders sicher ist. Auf den Dächern des Museums gingen Scharfschützen in Stellung.
Die Begeisterung des Archäologen Kerim konnte das nicht schmälern. "Dieser Tag signalisiert die Wiedergeburt von Bagdad", sagte Kerim. Zwar freuten sich wie Kerim viele Museumsmitarbeiter, dass sie ihre Schätze endlich wieder der Öffentlichkeit zeigen konnten, doch ist der Schritt selbst innerhalb der Regierung umstritten. Konservatoren und Mitarbeiter des Kulturministeriums lehnten die Eröffnung zum jetzigen Zeitpunkt sowohl aus technischen wie aus Sicherheitsgründen ab. Die ausgestellten Stücke müssten besser ausgezeichnet werden, damit sich das Publikum orientieren könne, sagte Hala Mohammed. Ein Großteil der einmaligen Sammlung sei bislang nicht ordentlich katalogisiert. Auch gebe es noch keine richtige Sicherungsanlage, sagte eine Kollegin von Mohammed.
Die Eröffnung am Montag gilt deshalb vor allem als politische Botschaft an die skeptische irakische und internationale Öffentlichkeit. Gegen die Einwände der Fachleute haben sich das Ministerium für Tourismus und Altertümer und der Regierungschef durchgesetzt. Die Spannungen waren in den Museumssälen geradezu zu riechen. Überall roch es nach frischer Farbe, die hellblau und beige von den Wänden strahlte. An Decken konnte man freilich noch Risse sehen. Nur zwei der Säle, die am Montag den Besuchern offenstanden, sind bislang vollständig renoviert. Acht der insgesamt 26 Säle sollen künftig zugänglich sein, allerdings nur für einen ausgewählten Besucherkreis: Schulklassen, Studenten und Touristen, so sie sich denn in den Irak wagen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!