piwik no script img

Schweres Beben in der TürkeiAnkara bittet um Hilfe für Bebenopfer

Nach dem Beben in der Türkei werden hunderte Menschen vermisst. Israel sagt Zelte und Fertighäuser zu. Premier Erdogan kritisiert das schlechte Krisenmanagement.

Verzweifelte Suche: Retter arbeiten sich auf der Suche nach Opfern und Überlebenden des Erdbebens durch den Schutt. Bild: imago/Xinhua

ISTANBUL taz | Drei Tage nach dem schweren Erdbeben in Van hat die türkische Regierung am Mittwoch angekündigt, dass sie nun doch im Ausland um Hilfe für den Wiederaufbau bitten werde.

Die Schäden sind so massiv, dass Ankara allein überfordert ist, den Menschen angemessene Hilfe zukommen zu lassen. Dabei geht es zunächst vor allem um die Unterbringung für die kommenden Wintermonate.

Das türkische Außenministerium hat sich an verschiedene Länder mit der Bitte gewandt, Fertighäuser und beheizbare Zelte zu liefern. Nach Presseberichten hat daraufhin als eines der ersten Länder Israel reagiert. Außenminister Avigdor Lieberman soll umgehend eine Lieferung zugesagt haben. Das Verhältnis zwischen Israel und der Türkei war in den letzten Monaten sehr angespannt und könnte sich durch solche Hilfsmaßnahmen wieder verbessern.

Noch aber geht es in den Katastrophengebieten darum, erst einmal alle Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen. Es fehlt vor allem an Zelten. Mehrere Lkws des Roten Halbmondes waren am Dienstag von verzweifelten Menschen regelrecht geplündert worden.

Daraufhin wurden eine weitere Kolonne Lkws unter Geleitschutz des Militärs nach Ercis geschickt und Zelte an Obdachlose verteilt, die vor der Gendarmerie einen Tag gewartet hatten. Der Präsident des Roten Halbmonds kündigte an, nur 60.000 Zelte liefern zu können. Benötigt würden 120.000.

Unterdessen wurden auch am Mittwoch immer noch Überlebende aus den Trümmern gerettet, zuletzt eine ältere Frau und ein 19-jähriger Jugendlicher. Bis Mittwochmittag war die Zahl der Toten auf knapp 500 angestiegen, es werden aber noch hunderte Menschen vermisst.

Immer noch gibt es in der Region schwere Nachbeben. Bei einem der Nachbeben hatten Gefangene im Gefängnis von Van gemeutert, weil sie fürchteten, in ihren Zellen verschüttet zu werden. Bereits am Sonntag waren 150 Gefangene in Van geflohen.

Ministerpräsident Tayyip Erdogan räumte am Mittwoch ein, dass die Hilfsmaßnahmen in den ersten 24 Stunden nach dem Beben ungenügend gewesen seien. Die Organisation der Hilfe sei aber nun besser geworden. Erdogan kritisierte Bauunternehmer und Kommunen, dass oft nachlässig gebaut worden sei und auch keine ausreichende Kontrolle stattgefunden hätte.

"In vielen Häusern ist der Beton einfach zerbröselt", klagte Erdogan, "dass ist ein Verbrechen". Allein in Van wurden 2.300 Häuser zerstört.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • S
    Senckbley

    Wie beim Erdbeben in Haiti gehört Israel zu den ersten, die helfen. Einigen gefällt das nicht. Zum Beispiel dem Kent State Professor Julio Pino, der in einer Veranstaltung in den USA "Death to Israel" schreit, weil die Erdbebenhilfe erwirtschaftet sei durch "blood money that came from the deaths of Palestinian children and babies" - also die übliche Blut-und-Boden-Mystik dieser Leute.

     

    Es passte ihm nicht, dass der israelische Beduine Ishmael Khaldi auf besagter Veranstaltung objektiverweise für Israel sprach. Khaldi meinte, dass die Palästinenser neue Führer und Aktivisten brauchen. Wie recht er doch hat.