Schweizer Minarette-Bauverbot: Boykottaufrufe gegen Konzerne
Nach dem per Volksabstimmung beschlossenen Bauverbot von Minaretten sind erste Aufrufe zum Boykott Schweizer Produkte aufgetaucht. Der Publizist Broder verteidigte das Votum der Schweizer.
BERLIN taz/dpa/afp | Nach dem per Volksabstimmung beschlossenen Bauverbot von Minaretten in der Schweiz sind im Internet erste Aufrufe zum Boykott Schweizer Produkte aufgetaucht, berichtet die Zeitung Tagesanzeiger. Auf der muslimischen Website Ummah.com werde etwa dazu aufgerufen, Produkte von der Firmen Nestlé, Novartis, Swatch und Rolex zu meiden. Im Forum der Website Pakpassion.net werden vor allem Nestlé-Produkte wie Kaffee, Mineralwasser und Kosmetika zum Boykott nahe gelegt.
Konzerne wie Nestlé und Swatch Group gaben sich gelassen. "Wir sind zuversichtlich, dass die muslimische Welt anerkennt, dass Nestlé stets die Bedeutung von gegenseitigem Respekt und Toleranz unterstreicht", sagte eine Sprecherin der Zeitung. Die Swatch Group zeigte sich enttäuscht über das Ergebnis und betonte, der Konzern stehe für Weltoffenheit und Toleranz.
Am Dienstag kritisierte auch die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay das Abstimmungsergebnis als "eindeutig diskriminierend" kritisiert. Es spalte die Gesellschaft in der Schweiz tief und widerspreche möglicherweise den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen des Landes, erklärte Pillay am Dienstag in Genf. "Ich zögere, eine demokratische Abstimmung zu verurteilen. Aber ich zögere nicht, die Kampagnen zu verurteilen, die in vielen Ländern, darunter in der Schweiz, Angst gegenüber Fremden erzeugen und solche Abstimmungsergebnisse erlauben." Pillay kritisierte die von der Anti-Minarett-Initiative genutzten Plakate als "offen fremdenfeindlich".
Der Publizist Henryk M. Broder sieht den Schweizer Volksentscheid dagegen nicht als Zeichen mangelnder Toleranz. Das Referendum sei vielmehr geprägt vom Wunsch, den nationalen und kulturellen Charakter des Landes zu bewahren, sagte Broder der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel. Die Schweizer hätten Minarette zu Recht als Zeichen der Dominanz des Islams abgelehnt.
Nach Broders Auffassung geht es dabei nicht um Religionsfreiheit. "Es geht um eine islamische Drohkulisse und um Angst, die seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten aufgebaut wird." Die Schweizer hätten einem Unbehagen Ausdruck gegeben haben, das weit über die Landesgrenzen hinaus verbreitet sei, auch wenn es aus Angst oft nicht artikuliert werde. Broder: "Nicht übertragbar ist der typisch schweizerische Weg des Referendums. Die Schweizer üben das seit 400 Jahren. Eine mustergültige Art, direkte Demokratie zu praktizieren."
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