: Schweine und ihre Eßmanieren
■ Eine gestern in Hamburg eröffnete Ausstellung illustriert die ambivalente Beziehung des Menschen zum Borstenvieh
Schweine – mal sind sie Glücksbringer, mal Schimpfwort. Bei mancher Gelegenheit findet man sie lecker, dann wiederum nur eklig. Schwein haben ist gut, Schwein sein schlecht. Rosemarie Ribback entdeckte diese ambivalente Stellung des Schweins in Sprache und Gesellschaft und will nun mit der Ausstellung „Schwein gehabt“ das Bild des Tieres zurechtrücken. Zu diesem Zweck trug sie Hunderte von Schweinereien zusammen, die sie bis zum 24. Februar in der Bleichenhofpassage ausstellt.
Der Zufall kam ihr vorigen Sommer zu Hilfe: „Eine Freundin von mir trennte sich von ihrer Schweinesammlung“, erzählt die Schmuckverkäuferin. „Aber man kann Schweine doch nicht einfach wegwerfen!“ Schockiert nahm sie über 50 Porzellan-, Holz-, Spielzeug- und Plüschschweine an sich, dazu Schweine-Topflappen, -Teller, -Tassen und Untersetzer. Ribback fing an, sich mit der Historie des Borstenviehs zu befassen.
„Die Beziehungsgeschichte von Mensch und Schwein geht bis in vorchristliche Zeiten zurück“, entdeckte sie beim Durchstöbern von Bibliotheken. Schon der römische Dichter Ovid und die Künstler des antiken Herculaneum ließen sich von rosa Haut und Ringelschwänzchen inspirieren. Gemälde von Hyronimus Bosch sowie das „Studentenlied“ aus Goethes „Faust“ belegen die kulturelle Bedeutung des Tieres, lange bevor „Männer sind Schweine“ 1998 zum Hit wurde.
Daß man Perlen nicht vor die Säue schmeißen soll, ist jedem bekannt. Aber wer weiß auf Anhieb, daß dies eine Empfehlung aus dem Matthäus-Evangelium ist? Zwischen den kleinen Glücksbringern finden sich in der Ausstellung immer wieder philosophische und wissenschaftliche Bemerkungen. So stellte Winston Churchill einst fest: „Hunde schauen zu uns auf, Katzen sehen auf uns herab, und Schweine betrachten uns als ihresgleichen.“ Die Universität von Kentucky fand heraus, daß Schweine gelehriger sind als zum Beispiel Hunde. Und auch am Klischee des „fetten Schweins“ ist nicht immer etwas dran. Während sich Pferde, mit einer Menge Futter allein gelassen, schon mal totfressen können, langen Schweine immer nur so lange zu, bis sie satt sind.
Oliver Steinebach
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen