Schwedische EU-Parlamentarierin: Piratin im Wartestand
Sie ist die jüngste EU-Parlamentarierin aller Zeiten. Und Amelia Andersdotter aus Schweden ist eine der zwei ersten PiratInnen, die bisher in Brüssel sitzt.
STOCKHOLM taz | Amelia Andersdotter ist EU-Parlamentsabgeordnete (MEP) - aber doch nicht so ganz. Die Vertreterin der schwedischen Piratenpartei wartet seit 20 Monaten darauf, ihren Sitz auch offiziell einnehmen zu können. Ihre Zwitterfunktion als MEP im Wartestand verdankt sie Frankreich, Belgien und Griechenland. Die haben das Zusatzprotokoll zum Lissaboner Vertrag noch nicht unterzeichnet. Mit dem stehen Schweden zwei zusätzliche Abgeordnete in Brüssel zu. Und ein Mandat davon entfällt auf die bei der Europawahl 2009 mit 7,1 Prozent erfolgreiche Piratpartiet.
"Ich hoffe, ich kann vor Ablauf der Legislaturperiode beantworten, wie es ist, die jüngste EU-Parlamentarierin aller Zeiten zu sein", flachst die 24-jährige Mathe- und Volkswirtschaftsstudentin. 2006 war sie von Attac zur Piratenpartei gestoßen. Derzeit hat sie viel Zeit, um sich um ein Hobby, ihre Mitarbeit bei Schwedens größter Science-Fiction-Zeitschrift zu kümmern.
Dabei brennt sie darauf, sich endlich parlamentarisch engagieren zu können. Neben Integritätsfragen sind das handelspolitische Themen und das internationale Patentrecht, das sehr negativ sei. "Menschen sterben wie die Fliegen, weil sie nicht die richtige Medizin bekommen", sagte Andersdotter.
Diese Aufzählung zeigt, dass Andersdotter ihre Piraten nicht als Partei mit begrenztem politischem Repertoire sieht. Auch Themen, die sie im Rahmen ihres Engagements für Amnesty International oder den Frauenentwicklungsfonds Unifem beschäftigen, will sie als Vollparlamentarierin weiter verfolgen: "Ich habe die Ambition, etwas zu bewegen."
Die Mandate von Andersdotter und ihres "Mitpiraten" Christer Engström, der seinen EU-Sitz gleich einnehmen durfte, sind die einzigen, die die Piratpartiet bisher erringen konnte. Nach dem Sensationserfolg bei den EU-Wahlen war die Partei bei den schwedischen Parlamentswahlen 2010 wieder auf enttäuschende 0,65 Prozent abgesackt. Mit ihrer neuen Parteivorsitzenden Anna Troberg, einem frischen Grundsatzprogramm und nicht zuletzt dem Rückenwind aus Berlin hofft sie bei den nächsten Wahlen wieder besser dazustehen.
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