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Schwedens Ministerin Margot WallströmHilfe für „feministische Außenpolitik“

Die Sozialdemokratin wird wegen ihrer klaren Worte von Konservativen kritisiert. Bürger hingegen sprechen ihr jetzt öffentlich das Vertrauen aus.

Der palästinensiche Präsident Mahmud Abbas (rechts) und Magrot Wallström (links) bei einem Treffen in Stockholm. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Für Margot Wallström gibt es derzeit viel Aufmunterung. Hunderte überwiegend positiver Mails registrierte das Außenministerium in Stockholm in den letzten Tagen. Und wenn da eine 35-Jährige schreibt, „ich bin ja so unheimlich stolz“ und ein Rentner lobt „danke für die klaren Worte“, kann die schwedisch Außenministerin solche Unterstützung derzeit gut gebrauchen.

Denn die Sozialdemokratin ließ es nicht einfach bei feierlichen Ankündigungen bewenden, nachdem sie vor einem halben Jahr ihr Amt im rot-grünen Kabinett antrat. Vielmehr versucht Wallström die von ihr versprochene „feministische Außenpolitik“ auch mit Inhalt zu füllen. Die definiert die ehemalige EU-Kommissarin allgemein als eine Politik, die den „Schwerpunkt von der Sicherheit des Staates hin zur Sicherheit der Menschen verschiebt“. Inzwischen hat sie das nun schon ein paar Mal konkretisiert. Als Konsequenz daraus packten ausländische Botschafter jeweils ihre Koffer.

Als die 60-jährige Ex-UN-Sondergesandte Wallström im Kampf gegen sexuelle Gewalt in Konfliktsituationen in ihrer ersten Amtshandlung Palästina offiziell anerkannte und die „unglaubliche Aggressivität Israels“ anprangerte, rief die israelische Regierung ihren Botschafter ab. Und der saudi-arabische Gesandte reiste nach Hause, nachdem Wallström die dortigen Menschenrechtsverletzungen gegeißelt und die Verurteilung des Bloggers Raif Badawi als „mittelalterlich“ kritisiert hatte. Dass Schweden zudem ein vor zehn Jahren geschlossenes Verteidigungsabkommen mit dem Land aufkündigte, geht auch wesentlich auf Wallströms Konto.

Nach ein paar Tagen waren die demonstrativ abgezogenen Botschafter zwar stillschweigend wieder zurück. Doch vor allem Schwedens Industrie fürchtet um ihre Geschäfte. Und konservative Medien warnen gar, Stockholm stelle sich mit solcher „Undiplomatie“ weltweit ins Abseits.

Fantastisch, eine deutliche Worte liebende Außenministerin zu haben, für die Menschenrechte wichtiger seien als Konzernprofite, heißt es dagegen in einem gerade gestarteten öffentlichen Aufruf. So findet Wallström beispielsweise Nigel Farage, den Vorsitzenden der rechtspopulistischen britischen Partei Ukip, „verabscheuungswürdig“. In dem Aufruf wird ihre „feministische, gerechte, solidarische und mutige Außenpolitik“ gelobt und gefordert: „Die Welt braucht mehr Feminismus in der Außenpolitik.“

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13 Kommentare

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  • "Fantastisch, eine deutliche Worte liebende Außenministerin zu haben, für die Menschenrechte wichtiger seien als Konzernprofite"

    Amen!

  • Ich finde Frau Wallströms Vorgehen sympathisch, wenn auch etwas rumpelig. Allerdings finde ich das Label "feministisch" problematisch:

    Im Umkehrschluss hieße das ja, dass alle von Frauen gemachte Politik gut und friedlich und alle von Männern gemachte Politik schlecht und aggressiv ist.

    Wenn ich mich an die Taten der Iron Lady entsinne, haut das wohl nicht ganz hin. Unter Merkel wird auch Krieg geführt. Frau von der Leyen ist ja nun auch kein Friedensengel, ob das G-36 nun geradeaus schießt oder nicht!

    Schade fand ich auch, dass in der heutigen Printausgabe ein Mann, nämlich Martin Rosowski, der für Männerrechte eintritt, schlichtweg als Lobbyist tituliert wird. Die Bezeichnung habe ich für Frauenrechtlerinnen noch nie gehört...

    Wir müssen schlichtweg damit leben, dass Männer und Frauen gut oder scheiße sein können, das hängt nicht vom Geschlecht ab.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Warum der Disput um den Zusatz "feministisch" ? Darum geht es doch gar nicht. Es geht um endlich mal das, wofür PolitikerInnen gewählt sind: um die Menschen insgesamt. Nicht um Profite, die nur sehr wenigen zugute kommen. Solche PolitikerInnen stünden allen Ländern gut zu Gesicht. Auch und gerade hier in Deutschland. Hier ist nicht mal ein Ansatz in dieser Richtung erkennbar.

  • 6G
    677 (Profil gelöscht)

    Habe ich das jetzt richtig verstanden: ungeschickte Polterdiplomatie = feministisch?

    Na ja, eigentlich nichts Neues.

    • @677 (Profil gelöscht):

      Manchmal muss man halt etwas Porzellan zerschlagen, damit sich etwas bewegt. Zwei Staaten ziehen ihre Botschafter wie beleidigte Leberwürste ab, nur um sie dann wieder zu entsenden. Und der konservative Seite ist doch eh nur um die lukrativen Aufträge für die Rüstungsindustrie besorgt. Ist doch bei uns nicht anders. Menschenrechte ja bitte, aber nicht wenn es die Exporte schmälert. Das ist dann verlogen.

  • Mittlerweile hat sich Frau Wallström für ihre Äußerungen bei Saudi-Arabien offiziell entschuldigt. Sie wird so was wohl nicht wieder machen.

    • @Werner W.:

      ach ja, hat sie wirklich?

      "The Saudis claim that the Swedes have apologised. A photo of Sweden’s special envoy bowing politely as he greets the minister of defence is captioned “Sweden says sorry”. But the minister denies, in terms, apologising for her remarks, and merely regrets any offence she may have caused. Although her words will have done nothing to stop Swedish companies strengthening the Saudi regime as much as they can, she has at least established that when Saudis row with European regimes, sometimes the story ends with Saudis, rather than Europeans, being forced to lie."

      http://www.theguardian.com/commentisfree/2015/mar/29/guardian-view-on-margot-wallstrom-undiplomatic-diplomat

      • @christine rölke-sommer:

        "apologising for her remarks, and merely regrets any offence she may have caused."

        Sie hat also.

  • Ist die Bildunterschrift ein Scherz?

    • @Lena WC:

      Manche meinen, lechts und rinks...

       

      Jandr hatte schon lecht.

  • „feministische Außenpolitik“ - Aha, geht es noch sexistischer?

     

    „Schwerpunkt von der Sicherheit des Staates hin zur Sicherheit der Menschen verschiebt“.

     

    Das ist populistischer Mumpitz. Die Sicherheit des (demokratischen) Staates ist kongruent mit der Sicherheit seiner Bürger. In Demokratien sind die Bürger die faktisch herrschende Macht. Eine solche Entscheidung wie im Artikel zu treffen, bedeutet nichts anderes, als die Bürger von ihrer Demokratie zu entfremden indem zwischen ihnen und dem Staat differenziert werden soll. Das ist brandgefährlich. Nichts schadet demokratischen Staaten mehr, als wenn sich die Bürger damit nicht identifizieren können.

  • Warum diese Außenpolitik das Label "feministisch" bekommen musste, verstehe ich nicht so ganz. Aber sie gefällt mir.

    Wie geht Frau Wallström mit Russland, der Ukraine und der NATO um ?

    • @jhwh:

      Wenn Frau Wallström die Unterdrückung von Frauen in Saudi-Arabien anprangert, ist dies im besten Sinne feminnistische Aussenpolitik - natürlich genauso auch eine humanistische oder einfach sich an den Menschenrechten orientierende Politik.

      Femminismus hat sich jedoch um die Menschenrechte von Männern bislang wenig gekümmert. Ein solcher Wandel wäre sehr positiv.