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Schwede malt Bild mit Asche aus KZEmpörung über Majdanek-Bild

Ein polnischer Staatsanwalt prüft, ob der schwedische Künstler Hausswolff sich strafbar gemacht hat. Er hatte Asche aus dem KZ Majdanik mtgenommen und verarbeitet.

Die Verbrennungsöfen im ehemaligen Konzentrationslager der Nazis in Majdanek. Bild: dapd

WARSCHAU afp | Nachdem sich die schwedische Justiz für unzuständig erklärt hat, geht nunmehr die polnische Justiz der Verwendung von Asche von Holocaust-Opfern durch den schwedischen Künstler Carl Michael von Hausswolff nach.

Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft in Lublin sagte am Dienstag, es solle aufgeklärt werden, ob es sich um einen strafbaren Fall von Störung der Totenruhe handle. Dazu sollten zunächst die Ermittlungsunterlagen der schwedischen Polizei angefordert werden.

Hausswolff hatte im Dezember im schwedischen Lund ein Schwarz-weiß-Aquarell ausgestellt, für das er nach eigenen Angaben die Asche von Opfern aus dem Nazi-Konzentrationslager Majdanek verwendet hatte.

Für die Störung der Totenruhe und die Schändung von Grabstätten können in Polen Haftstrafen von bis zu acht Jahren verhängt werden. Dabei gilt eine Verjährungsfrist von 15 Jahren. Hausswolff gibt an, die Asche 1989 in Majdanek aufgesammelt zu haben.

Die Ausstellung in Lund wurde nach Protesten der jüdischen Gemeinde in Schweden geschlossen. Die schwedische Justiz erklärte sich für nicht zuständig, weil das Delikt im Ausland begangen worden sei.

Das Lager in Majdanek bei Lublin wurde während der Nazi-Besatzung Polens von 1941 bis 1944 betrieben. Nach den Schätzungen des dortigen Museums wurden in Majdanek 80.000 Häftlinge, darunter 60.000 Juden, umgebracht oder starben an Hunger, Krankheiten und Erschöpfung.

Der Künstler hatte erklärt, seine Arbeit solle die im Zweiten Weltkrieg „gefolterten, gequälten und ermordeten Menschen“ in Erinnerung rufen. Er sei 1989 zu einer Ausstellung nach Polen gereist und habe in Majdanek die Asche mitgenommen.

Weil „das Material emotional zu belastet“ gewesen sei, habe er es aber zunächst nicht benutzt, und sich erst 2010 „entschlossen, damit etwas zu machen“.

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6 Kommentare

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  • W
    wiebke

    Geschmacklos. Warum meinen Künstler eigentlich so häufig sie könnten sich alles erlauben, dem Kind einen bedeutungsvollen und ergreifenden Namen geben und damit ist es dann Kunst und gerechtfertigt!?

  • A
    anke

    Wie bitte? Grabstätte? Totenruhe? In einem zum Ausstellungsstück umfunktionierten Verbrennungsofen in Majdanek?

     

    Ich glaube, ich würde lieber in Lund auf Leinwand ruhen (wenn man das Ausgestelltwerden schon so nennen will), als an dem Ort, an dem ich umgebracht wurde. Zumindest, wenn mit dem Bild nicht meine Mörder verherrlicht oder Leute beleidigt werden, die mir nahe standen (was im Falle der freien Kunst mitunter schwer genug zu entscheiden ist). Leider ist dem Text nicht zu entnehmen, ob es sich bei der aufgesammelten Asche tatsächlich um Asche aus einem der Öfen handelt, wie das taz-Foto und die Äußerung des Malers gemeinsam suggerieren (sollen). Wer garantiert mir denn, dass dieser "Künstler" nicht Asche aus einem wilden Lagerfeuer vom letzten Jahr mitgenommen hat? Die Glaubwürdigkeit des Mannes hätte ich dann schon gern näher geprüft, bevor ich mich hier auf Anweisung von leuten, die ich auch nicht kenne, errege. Majdanek ist schließlich ein Vorort von Lublin und besitzt als angeblich größte polnische Stadt östlich der Weichsel gleich mehrere "Trabantenstädte". Gut vorstellbar für mich, dass die Gedenkstättenleitung nicht jeden einzelnen Quadratmeter des ursprünglich 270 Hektar großen Lagerareals permanent überwacht. Und Leute, die in "der Platte" wohnen, bekommen in Einzelfällen manchmal so eine seltsame Sehnsucht nach Mutter Natur und dem einfachen Leben... Apropos - wo wohnt eigentlich dieser Maler - wie hieß er noch gleich?

  • P
    PeterWolf

    Hat er vielleicht auch noch "Jehowa" gesagt?

    Dann muss er selbstverständlich sofort gesteinigt werden!

  • MH
    Michi Hartmann

    Empörung, sagt die Überschrift. Aber mindestens genauso empörend ist es doch, dass die Asche anscheinend einfach so herumliegt und man sie mitnehmen kann... Oder liege ich da falsch?

  • MH
    Marco Hoffmann

    "

    N ac h d en Schätzungen des dortigen Museums wu rd e n i n M aj da ne k 80. 0 00 Häftlinge, darunter 60. 000 Juden, umge b rac h t o de r s t arb en an Hunger, Krankheiten und Erschöpfung.

    "

     

    Könnte es sich also auch um Asche von nicht-jüdischen Holocaustopfern handeln?

     

    Lässt sich das ermitteln? Hat er angegeben, wo genau er sie genommen hat?

     

    Er sprach ja von "Menschen", hat also nicht darüber nachgedacht, ob sinti oder andere. Beim letzten Holocaustgedenktag im Bundestag hat doch ein überlebender Sinti aus Holland gesprochen, da fielen auch KZ-Namen, war Majdanek dabei? Hat der friedlich in Ingolstadt lebende Klaas Faber Menschen von Westerbork nach Majdanek verbracht?

     

    Ist das ein Bildungsthema? Wird bei israelisch-deutschen regierungskonsultationen zur Bildung eigentlich auch über israelische Schulbücher und die darin enthaltenen anti-arabischen Stereotype und Denkstrukturen gesprochen?

     

    "

    " Die Kinder lernen, dass Mitleid et wa s ist , was au f d ie eig en e V o lksg ru p p e o d er R elig io n beschränkt ist. Palästinenser werd en n ie a ls Op f er, imm er n u r als " L eich n am " b eze ich n et . Der ganze Ansatz lehrt die Schüler, da ss die se L eu t e ein f ac h kein Mit leid ver die n en . "

    "

    http://www.dradio.de/dlf/sendungen/andruck/1970712/

  • E
    Emanon

    Also aus rein rechtlicher Sicht, sollte das okay sein. Nach Artikel 73 wird die Kunstfreiheit ohne den Vorbehalt einfacher Gesetze gewährleistet. Ich wüsste nicht, was für ein Recht mit Verfassungsrang (!) verletzt sein sollte. Totenruhe steht nicht in der Verfassung und Recht auf Eigentum wird nur schwer zu begründen sein. Ich hoffe nicht, dass der polnische Staat behaupten will, dass ihm die Asche gehört.

     

    Allerdings gab es schon oft Fälle, in denen die Kunstfreiheit mit dem Argument einfacher Gesetze ausgehebelt wurde...mal gucken.

     

    Zur moralischen Situation: Ich finde das recht drastisch, aber ich kann mir vorstellen, was der Künstler damit ausdrücken will und finde es eine noble Motivation zeigen zu wollen, dass der Tod der Opfer nicht vergessen ist und ihr Tod der Formung on etwas Neuem (auch im übertragenen Sinne) dienen kann. Was wenn nicht die Formung einer neuen und besseren Gesellschaft sollte uns der Tod dieser Menschen anmahnen?

     

    Erstaunlicher Weise sind es häufig Menschen, deren Familien überhaupt keine Opfer zu beklagen haben, die sich stellvertretend empören. Bei mir und meiner Familie ist das anders und ich finde die Aktion toll. Ich hab auch jedem in meiner Familie diesen tanzenden Großvater im KZ gezeigt und den fanden auch alle super.

     

    Was wir brauchen, ist ein souveräner Umgang mit dem ganzen Thema. Dann ändert sich vielleicht auch mal was.

     

    Danke, taz