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Schwarzpulver im ChemieunterrichtKontrolletti-Obsessionen

Ein Waldorf-Lehrer soll seine Schützlinge angeblich im Bombenbau unterwiesen haben. Die Staatsanwälte ermitteln. Vielleicht war es auch nur anschaulicher Unterricht.

Uuups... ganz schön explosiv: Schwarzpulver im Unterricht - Anschauliches Experiment oder Gefährdung von Schülern? Bild: mathias the dread / photocase.com

"Unfassbar!" "Lebensgefährlich!" - Weil ein Lübecker Waldorf-Schullehrer mit seinen Schülern Schwarzpulver gemischt und Sprengkörper gebaut haben soll, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Sprengmittelgesetz - und Eltern und Presse haben wieder einmal einen guten Grund, sich zu echauffieren: Über den Lehrer und sein den Eltern allzu anschauliches Experiment. Bomben. Waldorfschule. Diese Kombination darf man witzig finden, zumal niemand verletzt wurde.

Der Anwalt des angeklagten Lehrers spricht lieber von "Böllern" denn von Bomben. Die wurden laut Aussagen der Schüler in einem Wald nahe der Schule mit Wunderkerzen gezündet. Die Schüler spürten die Druckwelle der Explosion aus der Entfernung sogar. In der Tat aufregender Chemieunterricht in der fünften Klasse, den ich meinem Kind von Herzen gegönnt hätte. Lehrreich, wenn man bedenkt, dass jährlich um die Silvesterzeit Kinder sterben, weil sie mit Böllern und Schwarzpulver spielen.

Da wäre doch Vertrauen in die Lehrkraft angebracht. Der Mann wird schon wissen, was er tut, und ordentlich über Substanz und Wirkung des Pulvers aufklären. "So haben Kanonen früher funktioniert." Oder: "So sieht ein Böller von innen aus. Das ist gefährlich, also Obacht." Aber nein, wenn es um den Nachwuchs geht, wissen Eltern alles besser und die Lehrer sind im besten Fall ahnungslos, wenn nicht gar eine Gefahr für das Kind.

Inkompetenz auf Kosten des Kindeswohls

Ständig wird mir von anderen Müttern, aber auch Vätern erzählt, warum sie ihre Kinder ab jetzt auf eine Privatschule schicken. Diese Inkompetenz auf Kosten des Kindeswohls könne einfach nicht länger toleriert werden. Und ob die Kinder überhaupt etwas lernen, da haben besorgte Eltern so ihre Zweifel - und die Methoden erst! Entweder zu lasch oder zu drakonisch.

Elternabende ziehen sich über Stunden, weil das Wohl und Weh eines einzelnen Kindes uns alle anzugehen hat. Wegen Stören des Unterrichts verwiesen? Unverschämtheit! Bei 30 Kindern in der Klasse muss es doch möglich sein, sich um jedes Schäflein mit "Aufmerksamkeitsdefizit" zu kümmern.

Keine Gymnasialempfehlung? Dann ist das eigene Kind eben ein Härtefall oder das gesamte Bewertungssystem der Schule offenbar totaler Humbug.

Das Kind ist nicht zum Geburtstag eingeladen? Dann muss die Klassenlehrerin mit dem Geburtstagskind wohl mal ein ernstes Wort reden, denn wenn das nicht Mobbing ist, dann zumindest Ausgrenzung.

"Mitarbeiter des Jahres" oder "gefährlichem Psychopath"

Spannende Experimente à la Zaubererschule Hogwarts? "Unfassbar!" "Lebensgefährlich!"

Der Grad zwischen "Mitarbeiter des Jahres" und "gefährlichem Psychopath" ist in keinem anderen Beruf so schmal wie bei Lehrern. Über ihre Fähigkeiten darf jeder urteilen, und klar ist auch: Den Job macht jeder Mensch mit Kindern besser.

Gerade Menschen aus Berufen, denen eher Ehrerbietung als ein Widerwort zuteil wird (ProfessorInnen, ÄrztInnen), kritisieren gern am harschesten, inklusive kruder Verbesserungsvorschläge für den Unterricht.

Was soll diese ständige Leistungs- und Verhaltenskontrolle der Lehrer? Ist es so naiv, der Schule seiner Wahl auch mal zu vertrauen? Ist es konstruktiv, dem Kind zu vermitteln, man halte seinen Lehrer für unfähig? Und: Wo nehmen diese Leute eigentlich die Zeit für ihre Kontrolletti-Obsessionen her?

Einmischung braucht Grenzen

Klar: Eltern und Schüler sollen nicht jedes Lehrerverhalten hinnehmen. Aber das ständige Einmischen braucht Grenzen.

Denn Lehrer müssen die Interessen der Schüler aufgreifen. Mitunter die einzige Möglichkeit, sie überhaupt für ein Thema zu begeistern. Wenn mein Kind von Böllern fasziniert ist, bin ich froh, wenn es damit vertraut gemacht wird, bevor es sich die Hand zerfetzt.

Für mich könnte der Unterricht gerne noch weitergehen: Denn wenn Jugendliche Drogen nehmen wollen, werden sie das tun, genauso wie sie Sex haben werden, wenn sie es wollen. Ich wäre froh, wenn die Kids im Unterricht gelernt hätten, wie sich Antibabypille, Ecstasy oder Speed zusammensetzen und welche Mischung fatal ist. Ich selbst kann es ihnen nicht zeigen, ich weiß es nämlich nicht.

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20 Kommentare

 / 
  • AS
    Arno Schlick

    Hallo. Der Artikel ist sehr gut, übrigens gerade WEIL er nicht Waldorfschulen alleine betrifft, sondern unsere Erziehungskultur allgemein. Alleine der Satz:

     

    "Gerade Menschen aus Berufen, denen eher Ehrerbietung als ein Widerwort zuteil wird (ProfessorInnen, ÄrztInnen), kritisieren gern am harschesten, inklusive kruder Verbesserungsvorschläge für den Unterricht."

     

    ... lässt mich eines ergänzen. Anwälte sind auch eine besondere Spezies Eltern gegenüber den Lehrern. Nicht etwa weil sie keine Widerworte gewohnt sind, sondern gerade deshalb, weil sie das TaekWonDo der erlaubten Widerworte studiert, inhaliert und perfektioniert haben. Egal was stimmig ist: Ein Anwalt steht im Recht.

     

    Angesichts des Themas des Artikels fand ich diesen Aspekt ergänzenswert.

     

    ;-)

     

    Gruß,

    Arno Schlick

  • ML
    Matias Langer

    Liebe Julia Niemann, liebe Kommentar-Schreiberlinge!

     

    Ich habe mich so gefreut und auch amüsiert über den Artikel und die Beiträge dazu - herrlich. Da ich einst selbst Chemie an Waldorfschulen unterichtete (ich erzähle jetzt lieber nicht, was ich alles experimiert habe), weiß ich mich sehr gut in diese Rolle des Lehrers hineinzuversetzen...

     

    Schade, dass immer wieder persönliche Fehden von Eltern mit Lehrern oder Schulen in der Öffentlichkeit ausgetragen werden oder sogar noch die Justiz damit belastet wird.

     

    Die Lektüre dieser Webseite war jedenfalls lohnenswert! Danke!

  • S
    Sonja

    Dieser Artikel ist das Schönste was ich seither über meinen Beruf gelesen habe, es stimmt alles. Ich wusste nicht, dass es noch solche Eltern wie die Schreiberin gibt. Das macht mich froh. Die Eltern kennen Paragraphen, die selbst die Lehrer nicht kennen in dem Djungel von Erlassen, geänderten Erlassen, sich widersprechenden Erlassen. Man fühlt sich nicht mehr wie ein Lehrer, sondern wie ein potentieller Kinderseelenschädiger, hoch gefährlich für die Kinder, darum ständig überwacht. Die 45 bis 90 Minuten die man in der Woche mit den einzelnen Schulklassen verbringt scheinen das Leben der Kinder auszumachen?!

  • K
    KarstenB

    Das nenne ich doch mal eine entspannte Reaktion! Und einfach schön, wenn es noch Journalisten gibt, die die 5-7 W-Fragen noch anwenden können, um festzustellen, was für eine Luftnummer hinter der dpa-Meldung bzw. LN-Geschichte steckte.

     

    Eine Ergänzung vielleicht noch. Bei den Kollegen von Spiegel-Online kann man auch sehen, um was es in dieser bombigen Angelegenheit auch ging: die persönliche Fehde einer Mutter mit der Schule. Der Vorfall war Frühjahr 2010, die Ermittlungen aus dem Mai 2011, die Einschaltung der Lübecker Nachrichten Januar 2012.

  • A
    audiophiel

    @Silbendrechsler

    Ich verstehe dein Argument, und es ist an sich auch richtig. Nur hier nicht Analog übertragbar.

    Ich empfinde es nicht als ein mit 150 durch eine Spielstraße Brettern, wo nur durch Zufall nichts passiert ist. Um bei dem Beispiel Straße zu bleiben, gleicht es nicht viel mehr der Situation, wenn man Bei klarer Sicht, gerader Straße ohne Gegenverkehr eine Trotzig rot anzeigende Baustellenampel ignoriert?

    Ich finde es viel wichtiger den Geist eines Gesetzes zuwahren als den Text. Und wenn ein Chemielehrer, der nicht völlig unbedarft handelt so ein Experiment durchführt dann hat er an die Gefahren gedacht und diese soweit es geht ausgeschlossen. Schlussendlich bleibt also ein eventuell begangener Bruch eines Gesetzestextes. Somit sind wir wieder bei dem "mit Kanonen auf Spatzen schießen".

     

    herzlicht

     

    audiophiel

  • S
    Silbendrechsler

    @max

    Beispiel: "Er ist mit 150 Sachen durch eine Spielstraße gebrettert. Niemand wurde verletzt - aber es hätte sonstwas passieren können." Wäre Ihrer Ansicht nach also ein doofes Argument? Da ja kein Mensch zu Schaden gekommen ist, braucht sich also auch niemand aufzuregen oder den Fahrer zur Verantwortung ziehen. Seltsam.

     

    Es geht nicht darum, ob etwas den "deutschen Michel" aufregt, es geht darum, ob etwas aus gutem Grund verboten ist.

    Smile.

  • H
    http://stille-nacht.eu.tc

    Mit der Kompetenz des Lehrers kann es nicht so weit hergewesen sein, wenn er das Zeug während der Schulzeit, also nicht am 31.12. oder 1.1. "im Wald" gezündet hat. Er hat nicht nur gegen die Sprengstoffverordnung verstoßen, sondern auch die Winterruhe vieler Wildtiere gestört. So einen Lehrer wünsche ich meinen Kindern nicht.

  • F
    fly_by_night

    Erstmal Dank für den wirklich guten Kommentar! Vor ungefähr 12 Jahren habe ich das auch mal mit einigen 13-jährigen Jungs gemacht, die die ganze Zeit mit ihren Sylvesterböllern die Gegend unsicher machten. .Die waren ziemlich beeindruckt, als sie sahen, was da für eine Kraft drinsteckt und waren danach allesamt "gewarnt". Einige Jahre später ... habe ich mich nicht mehr getraut (siehe Kommentar). Wann war ich wohl der bessere Lehrer?

  • S
    sigibold

    Mir gefällt der Launige Artikel von Frau Niemann. Er erinnert mich an meine eigenen

    Experimente als Schüler. Sehr stark an allem interessiert was

    auch nur andeutungsweise mit Natur und Naturwissenschaften zu tun hatte, kam ich natürlich auch am Selbstbau von Raketenbooten und bengalischen Feuern nicht vorbei.

    Damals gab es freundlicherweise noch Chemiebücher (60er Jahre) für den braven Jungen in denen Schwarzpulvermischungen detailliert erklärt wurden.

    Z.B. auch die Mischverhältnisse die je nach eingesetzter Menge unterschiedlich sein müssen, damit die Rakete eine Rakete wird und kein Böller. Unvergessen der Praxistest im Keller im

    Wohnblock 8-Parteienaufgang, dem kurz nach Beginn der komplette Aufgang beiwohnte, weil dicke Rauchschwaden durchs Haus zogen. Auch an das versteinert Gesicht des Apothekers kann ich mich gut erinnern, als Freunde der Familie mir zum Geburtstag Chemiezubehör kaufen wollten und

    in völligem Unwissen bezüglich der Giftigkeit nach Thalliumsalzen fragten, die ich wegen der grünen Flammenfärbung für bengalische Lichter verwenden wollte.

    Die Giftigkeit war mir damals (es war der 13.? Geburtstag)noch nicht bekannt.

    Wirklich übel genommen hat mir meine Mutter als ich ihr Jahre später mal "beichtete", dass ich versucht hatte Trisalpetersäureglycerinester herzustellen. Leider(besser Gott sei Dank) hatte ich keine Salpersäure und versuchte sie selbst aus Salpeter ( der war immer reichlich vorhanden...) zu gewinnen.

    Nachdem sich die Korkverbindungen meiner Apparatur aufgelöst hatten, musste ich mein Kellerlabor wegen der übermäßig vielen braunen Dämpfe(für Nichtfachleute: Stickoxide) fluchtartig verlassen.

    Spätfolgen gab es nicht, es sei denn man sieht das Chemiemstudium an einer FH als solche an.

     

    sigibold

  • K
    Karl

    Grundsätzlich ist der Ansatz des Lehrers gut.

     

    Nur ist die Ausführung etwas ungeschickt geraten. Eine Anfrage beim zuständigen Kampfmittelräumdienst hätte Zwecks Besuch und Demonstration von Effekten sicher auch bleibenden Eindruck hinterlassen.

     

    Dort gibt in der Regel auch "schöne" Unfalldokumentationen beim Umgang mit Selbstlaboraten!

     

     

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • M
    max

    danke für den unaufgeregten artikel. schwarzpulver ist nicht böse. an sylvester rennen alle besoffen mit "sprengkörpern" durch die gegend, ohne dass es verboten ist.

    dass ein lehrer etwas derart verbotenes unter beachtung der notwendigen sicherheitsregeln mit seinen schülern tut, kann nur den deutschen michel aufregen.

    lieber silbendrechsler, "wäre, wenn, hätte" ist nicht besonders fruchtbar als argument, bzw. zieht immer, ist also beliebig und damit doof :).

  • KK
    Karl K

    ENDLICH - mal meine alte Heimatstadt nicht nur mit Marzipan richtig vorne!

     

    Als alter Schwarzpulverobsessionist bin ich natürlich begeistert.

     

    Das Rezept wurde seinerzeitzumeinerzeit natürlich noch in Papierform erhoben. Das/der MEYERS war da besser als der doch immer etwas verschwiemelte Brockhaus.

    Es wurde noch landsmannschaftlich differenziert : " bayrisches", " preußisches" usw.

     

    Was aber nichts daran änderte, daß ich als kleiner Pöks in der Drogerie stand und die  begehrten 2 Kilo Schwefelblume spontan, kackfrech mit " wir schlachten" erklärte.

     

    Wer wollte da schließlich auf die Schule warten?!

    Mein fürs Einkaufen zu feiger Bruder hatte die einschlägigen Seiten schon mal beiseitegeschaft und frisch ans Werk.

     

    Um hier keine Schreckensschreie auszulösen, laß ich mal den erfolgreichen Waffenbau

    ( gymnasial/mittel/volksschulcoproduction!) weg,

     

    Meine Spezialität war lange Zeit das Hochsprengen von Hohlblocksteinen (bis ca 1,50 m) mittels präparierter maxwellkaffedosen. Auf die Idee mit der Wunderkerze als Zündschnur (chapeau!) war ich nicht gekommen, da mußten die Zündschnüre aus den sog. Schweinekrachern herhalten!

     

    Die Schule? Naja, die Penne war bestens ausgerüstet ( Werner v. Siemens war da mal) und Dr.( Klein-) Neumann war nicht ängstlich. 

    Pyrit-Rösten - um zu verstehen, worin der Aha-Effekt einer FeSS-Verbindung liegt - da fliegt schon mal was durch die Gegend. Und die hochfahrbare Sicherheitsscheibe. Die Schutzbrillen kamen erst später.

    Und so einiges segelte auch ansonsten zu aller Gaudi während man grinsend zwischen den Hörsaalbänken hockte durch die Gegend.

     

    Conclusio: wenn der Pauker sein Handwerk verstand ( zB ist das einfache Abbrennen von Schwarzpulver völlig harmlos )

    Ist auch das "Krachenlassen" einer Klo- oder Küchenpapierrolle voll in Ordnung.

     

    Hosenschissige Laien und Sesselpuper aus Ministerien sollen bleiben wo der Pfeffer wächst.

     

    Eltern/Lehrer - a never ending story!

    In dem Film " Vitus" ist da ne Menge auf den Punkt gebracht.

     

    " Er war Lehrer und sie schnitt die Kartoffeln auch mit dem Messer". 

     

    Gewiß.

     

     Aber meine Lehrer waren - was ich aber erst im Nachhinein richtig begriffen habe - durchweg schwer WK II - geschädigt.

     

    Bei meiner ersten Kindergeneration

     ( 70 plus) dachte ich: " ok, so für schwerste Provinz geht das klar".

     

    Jetzig(90 plus; Mintessori) in der Pubertätsphase wieg ich den Kopf,

    "im Lehrstoff unengagierte Lehrer; deren sachliche Schwächen dank der überlegenen Netzfertigkeit der Schüler gnadenlos bloßgelegt werden, ohne daß dies Antrieb für einen besseren Unterricht wäre"

     

    Wenn ich schmunzelnd mitkriege wie der Filius sich seiner e-git widmet, bin ich mir sicher: das Papp-"bömbchen" , das wär's. 

  • R
    reblek

    "Ein Waldorf-Lehrer soll seine Schützlinge angeblich im Bombenbau unterwiesen haben." - Sorry, aber "soll" und "angeblich" meinen dasselbe, was der Volksmund "doppeltgemoppelt" nennt, der schlaue Mitmensch "Pleonasmus".

    "Der Grad zwischen 'Mitarbeiter des Jahres' und 'gefährlichem Psychopath'..." - Tja, "der Grad" kann es nicht sein, weil es sich weniger um Wärme oder so etwas handelt. "Der Grat" war wohl gemeint. Und nicht "gefährlichem", sondern "gefährlicher" Psychopath.

  • L
    lounger

    Die Herstellung von Nitroglycerin war lange (mindestens bis Mitte der 90er) in Hessen (ich glaube auch in anderen Bundesländern) lehrplankonformer Bestandteil des Oberstufenunterrichts.

     

    Der Grad zwischen "Mitarbeiter des Jahres" und "gefährlichem Psychopath" ist in keinem anderen Beruf so schmal wie bei Lehrern.

     

    Stimmt wohl. Danke fürs seltene Verständnis.

  • T
    Teacher

    "Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust."

     

    Als Lehrer und Vater von drei Schulkindern kann ich in diesem Fall beide Seiten verstehen. Ja, wir Lehrer wünschen uns tatsächlich mehr Vertrauen von Seiten der Eltern und das nicht nur unseretwegen, sondern auch der Kinder wegen. Wenn Eltern ihren Kindern das Gefühl geben, deren Lehrer hätten ohnehin keine Ahnung und taugten nichts, wie sollen die Kinder bei diesem Lehrer lernen? Ja, natürlich sollen Eltern kritisch sein, aber es wäre häufig besser, Kritik direkt beim Lehrer anzubringen und nicht gegenüber ihren Kindern zu äußern. Was den Lehrer an der Waldorfschule angeht, hoffe ich, er hatte die Sache wirklich im Griff. Ich selbst bin kein Naturwissenschaftler und wage das daher nicht zu beurteilen.

    Als Vater verstehe ich jedoch auch die Eltern. Mit Schwarzpulver zu hantieren und Böller bauen. Da würde ich zumindest auch bei dem Lehrer oder der Schulleitung nachfragen, ob das nicht zu weit geht. Aber deswegen muss man ja nicht gleich zur Staatsanwaltschaft rennen. Das nennt man dann "Mit Kanonen auf Spatzen schießen".

  • G
    genau

    "Nichts gegen lebensnahen Unterricht. Aber nach Frau Niemanns Argumentation müsste man im Unterricht dann ja auch die Wodkaflasche kreisen lassen, damit die Schüler kapieren, dass Alkohol besoffen macht."

     

    also wir haben bei unserer bio-/chemielehrerin zigaretten auseinandergenommen und ein paar raucher ne kippe durch nen filter geraucht um festzustellen, was da drin ist und was wir uns in die lunge pfeifen.

     

    im studium haben wir ein alkoholisierungsexperiment gemacht. d.h. protokolliert alkoholika zu uns genommen und dann die ausfallerscheinungen gemessen. u.a. am fahrsimulator hat auch erfahrene trinker beeindruckt, wie hoch die sein können. das ist ein versuch, den man m.e. durchaus in klassenstufe 10-13 anbieten könnte und in gegenden wo sich die holzkreuze mit den namen von 20jährigen am straßenrand häufen vielleicht auch sollte.

  • P
    PeterWolf

    "Erlasse" der Kultusministerkonferenz sind keine Gesetze, gelten an privaten Schulen keineswegs automatisch.

    Die Herstellung von und der Umgang mit Pyrotechnik ist in Deutschland keineswegs verboten, sondern geregelt.

    Ein wesentliches Kriterium dafür ist die "Sachkunde".

    Chemielehrer müssen über diese Sachkunde verfügen, ansonsten dürfte kein einziges praktisches Experiment mehr im Unterricht erfolgen. (Gibt da nämlich noch andere äußerst fiese Substanzen)

     

    Wirklich gefährlich sind die üblichen frei verkäuflichen pyrotechnischen Artikel, die (meist) an Sylvester von nicht sachkundigen, gelegentlich sogar charakterlich ungeeigneten bzw. alkoholisierten Personen gezündet werden.

  • T
    T.V.

    Wodka trinken mit den Lehrern geht, auf ner Waldorfschule, nur nicht grad im Unterricht. Zumindest weiß ich seitdem, daß ich keinen Wodka mag, geschadet hat es demnach nicht.

     

    Prost!

  • S
    Silbendrechsler

    Ich stimme der Autorin insoweit zu, als dass es mit Sicherheit jede Menge Eltern gibt, die meinen, es besser zu wissen als der Lehrer - insbesondere dann, wenn die Beurteilung des Filius nicht so ausfällt, wie Mama oder Papa sich das wünschen. Den heutzutage ohnehin schwierigen Lehrerberuf verkompliziert das noch mehr. Unbenommen.

     

    Allerdings kann ich nicht nachvollziehen, dass die Angelegenheit mit der Bombe - Sprengkörper, Böller oder was auch immer - in dieser Form klein geredet wird. Die Herstellung und Verwendung von Schwarzpuler ist per Erlass der Kultusministerkonferenz an Schulen ohnehin verboten. Darüber hinaus stellt der Bau eines Sprengkörpers, wie groß er am Ende auch gewesen sein mag, einen Verstoß gegen deutsche Gesetze dar. Das mag jetzt vielleicht nach law and order klingen, aber es gibt auch gute Gründe, warum das Zeug verboten ist - unter anderem darum, weil's gefährlich ist.

     

    Wäre einem der Schüler bei der Explosion die Hand verstümmelt oder durch einen herumfliegenden Metallsplitter das Gesicht zerfetzt worden, würde die Sache bestimmt niemand so 'runterkochen, wie das unter anderem in diesem Artikel der Fall ist.

     

    Nichts gegen lebensnahen Unterricht. Aber nach Frau Niemanns Argumentation müsste man im Unterricht dann ja auch die Wodkaflasche kreisen lassen, damit die Schüler kapieren, dass Alkohol besoffen macht.

  • A
    audiophiel

    Schöner Artikel!

    ich war selbst Waldorfschüler - wenn auch nicht auf dieser Schule.

    Es ist Angenehm einen solchen Artikel zu lesen, in dem nicht von vornherein alles verteufelt wird, was mit Waldorf zu tun hat.

    Mag sein das dieser Lehrer in den Augen mancher hyperbesorger Eltern zu "Praxisnah" unterrichtet hat. Aber wenn der Chemieunterricht in der 13. Klasse an Gymnasien (ja, ganz "normale" Staatliche Gymnasien) mit "Friedenserziehung" begründet wird, dann sehe ich persönlich diesen Punkt hier genauer erfüllt, als es mit "durchnehmen" von Schulbüchern geschehen kann.

    Meiner Meinung nach müssen die Naturwissenschaften in der Schule einen Eindruck ihrer Disziplin vermitteln. Wer sich dafür interessiert wird den reinen Stoff im Studium oder sonstwo bekommen (ich studiere Physik, und weiß wovon ich rede). Diejenigen die der Stoff an sich nicht interessiert haben ihn spätestens zwei tage nach dem Schulabschluss vergessen. Eine solche erfahrung wie sie hier beschrieben wird, ist da doch ganz anders.

    Man sollte den Lehrern mehr vertrauen einräumen. Immerhin gehen doch die allermeisten aus Überzeugung ihrem Beruf nach, und handeln nach bestem wissen und gewissen.

    Und ich behaupte gerade die Waldorflehrer sind derart motiviert.

    Viele grüße,

    audiophiel

     

    PS. um Meinungen vorweg zugreifen, meine schlechte Rechtschreibung verdanke ich nicht meiner Schule, sondern meiner Legasthenie.