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Schwarz und Grün atmen in Hamburg aufBefreit vom Koalitionshemmschuh

Aus Verbündeten sind wieder Kontrahenten geworden: Die Grünen in Hamburg suchen die Nähe zur SPD und CDU-Bürgermeister Ahlhaus will endlich konservative Politik machen.

Rot ist in Hamburg nach dem Bruch der schwarz-grünen Koalition wieder im Rennen. Bild: reuters

HAMBURG dapd/dpa/rtr | Nach dem Aus der schwarz-grünen Koalition in Hamburg nehmen die Grünen Kurs auf ein rot-grünes Bündnis in dem Stadtstaat. "Es soll eine andere Politik geben, es soll eine moderne Großstadtpolitik geben, eine ökologische Politik, eine soziale Politik, eine verlässliche Politik", sagte Parteichefin Claudia Roth vor einer Vorstandssitzung in Berlin.

"Wir werden für starke Grüne kämpfen", sagte sie. Sie betonte aber: "Die Nähe zur SPD ist deutlich ausgeprägter als zu einer CDU in Hamburg, die sich in Erosion befindet."

Roth und der Co-Vorsitzende Cem Özdemir wiesen Vorwürfe der CDU zurück, die Grünen würden vor der Verantwortung fliehen. "Wenn Herr Ahlhaus von Verantwortung redet, dann muss er erstmal vor der eigenen Haustür kehren", sagte Roth in Richtung des CDU-Bürgermeisters an der Elbe.

"Verantwortung heißt doch nicht, sich durchzuquälen bis zum Ende, obwohl es personelle Querelen gibt, obwohl der fünfte Senator grad mal wieder zurückgetreten ist, obwohl es in wichtigen Bereichen richtig personelle Schwierigkeiten gab, obwohl man sich von Seiten der CDU nicht mehr an feste Absprachen gehalten hat. Dann wäre es unverantwortlich, das weiter fortzusetzen." Özdemir sagte, wäre es den Grünen ums Aufkündigen des Bündnisses gegangen, hätten sie das nach dem Rücktritt des Ahlhaus-Vorgängers Ole von Beust getan.

Bürgermeister Ahlhaus hatte den Schritt der Grün-Alternativen Liste (GAL) als "Flucht vor der Verantwortung" bezeichnet. Sollte sich die Hamburgische Bürgerschaft nun wie vorgesehen am 15. Dezember auflösen, wählen die Hamburger am 20. Februar das neue Parlament ihrer Stadt. Die drei GAL-Senatoren wurden bereits entlassen. Schulsenatorin Christa Goetsch, Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk und Justizsenator Till Steffens erhielten im Rathaus ihre Entlassungsurkunden.

Auch nach dem Zerbrechen des ersten schwarz-grünen Bündnisses demonstrierte die Grünen-Spitze Gelassenheit, was künftige Machtoptionen anbelangt. "Hamburg war ja nie ein Modell", sagte Roth. Die Grünen seien eigenständig und nicht an die SPD geknüpft. "Mit 16 Bundesländern in einem Fünf-Parteien-System gibt es nicht mehr nur ein Bündnis", sagte Özdemir. Die Grünen müssten immer vor Ort schauen, wie die Bedingungen sind.

Skeptischer äußerte sich der Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Jürgen Trittin. Das Verhältnis der beiden Parteien sei insbesondere durch die "Pro-Atom-Politik der CDU und ihre Absage an eine klimafreundliche Energiepolitik" belastet. "In vielen Bereichen spitzen sich die Konflikte zu", sagte Trittin der Berliner Zeitung. Wenn ich auf die nächsten Landtagswahlen vorausschaue, muss ich leider feststellen, dass sich der Zustand der CDU in Rheinland-Pfalz von dem im Hamburg kaum unterscheidet. Es fehle den Grünen nicht an Machtoptionen.

In Hamburg wird für die CDU Bürgermeister Ahlhaus in den Wahlkampf ziehen. Das entschied der Landesvorstand noch am Sonntag einstimmig. Den Neuwahlen im Februar blickt Ahlhaus optimistisch entgegen. "Die CDU kann in den kommenden Monaten bis zur Wahl zeigen, was CDU-Politik ohne Koalitionshemmschuh ist, und ich mache mir überhaupt keine Sorge über diese Neuwahlen", sagte der CDU-Politiker am Montag.

Scharfe Kritik übte er wie schon am Sonntagabend an den Grünen. Diese hätten nur aus Machtkalkül die Koalition aufgekündigt. Die Grünen hätten die für sie guten Umfrageergebnisse in anderen Bundesländern gesehen, sagte Ahlhaus. Nun flüchteten sie sich in die Opposition, um eine bessere Ausgangsposition bei Neuwahlen zu haben. Eine erneute Koalition mit den Grünen schloss Ahlhaus dennoch nicht aus. Lediglich eine Koalition mit den Linken sei unmöglich. Wann ein Parteitag Ahlhaus offiziell als Spitzenkandidat der CDU nominieren wird, steht derzeit noch nicht fest, wie eine Parteisprecherin sagte.

Auf Seiten der SPD wird diese Rolle voraussichtlich Landeschef Scholz übernehmen, den die Fraktion am Montag als Spitzenkandidat vorschlagen will. Ein Parteitag der Sozialdemokraten am 17. Dezember soll Scholz offiziell nominieren. Im Falle eines Wahlsieges will er die umstrittene Elbvertiefung rasch umsetzen, sagte er am Montag. Außerdem kündigte er an, die bisher von CDU und GAL verantwortete Finanzpolitik der Stadt grundlegend zu verändern.

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4 Kommentare

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  • P
    prekarier

    am besten und ehrlichsten war Özdemirs Kommentar, wir leben in einem 5-Parteien-System. Ansonsten war Grün doch bisher immer zu spät wieder gegangen und hat sowieso fast (ich will höflich bleiben) jeden Scherz mitgemacht. Stimmungshoch, toll, aber ist für mich auch alles nur Propaganda, nix reales. Die Grünen werden sicher, je näher der Kreuzchen-Termin rückt, wieder ganz andere Prozente zeigen, und sicher werden auch wieder peinliche Details bei ihnen von unserer Presse-Mafia (also nicht die taz, ehrlich) enthüllt.

  • M
    Marcus

    Es ist Enttäuschend, dass die Grünen aus so durchsichtigen Machtkalkühl diese Koalition beenden. Wenn die Umfragen gut sind, werden Neuwahlen erzwungen. Der einzige Grund warum der Bruch erst jetzt erfolgte, war um der Regierung keine Bundesratsmehrheit für den Atomausstig zu besorgen(Hamburg wird jett temporär nur von der CDU Regiert). Sobald das Gesetzt durch war wurde die erste fadenscheinige Gelegenheit ergriffen um raus zu kommen.

  • I
    immerweiterso

    ENDLICH!!!! Dieser Politiker A(a)hlhaus passt nicht mit seiner Vorstellung von Politik in unsere schöne Hansestadt. Wer die Zeichen der Senatorenflucht nicht erkennt und dann noch von der "Flucht vor der Verantwortung" spricht, hat doch schwere Wahrnehmungsstörungen. Wäre sich die CDU so sicher gewesen mit ihrer Politik, dann hätten sie bereits bei dem Rücktritt von Ole von Beust neuwahlen ausgerufen. Aber Herr Ahlhaus hatte wohl Angst davor und wollte noch Fuß fassen. In der Bild eine Doppelseite heile Welt mit Frau und alle sollen ihn lieben.

     

    Das die Grünen Moorburg mitgetragen haben, steht dann auf einen anderen Blatt. Vergessen ist dies nicht.

  • N
    Niederhaus

    Wenn ich mir die Situation anschaue: Die CDU von Rücktritten und Verstrickungen geplagt, die SPD intern durch ein Jammertal gegangen und dann noch Schnee und Eis. Ich glaube nicht, dass die beiden 'großen' Parteien vor einer einfachen Aufgabe stehen.

    Bei der GAL wirkt das Ende sicherlich befreiend, weil die Probleme mit der CDU und deren vielen Fehlentscheidungen über fast acht Jahre natürlich eine Belastung waren. Die Freude über die eigene Handlungsfähigkeit wird aber nicht lange dauern, denn mit der SPD setzt die GAL auf eine Partei, die sich selbst in acht Jahren nicht erneuern konnte, die über ausgeprägt schwierige Menschen in Funktion verfügt und die sich niemals bei der Bevölkerung eine Position zurück erobern konnte.

    Selbst bei Klaus von Dohnany in den 1980ern tat sich die SPD beim Hamburger Normalo schwer. Im Zweifel war der Bürger eben selbst schuld, bei Hartz-IV stimmten ausnahmslos alle SPD-Bundestagsabgeordneten dafür. Heute schaut man nur in lange Gesichter, wenn man zu einem SPD-Funktion Hartz-IV sagt.

    Aber halt, es gibt eine Ausnahme: Olaf Scholz fängt an, wie ein Roborter hochzurechnen, wie Hartz-IV doch noch funktionieren könnte. Zum Beispiel mit ein paar Tausend Vermittlern mehr. Wer das beobachtet und wie die Zuhörer darauf auf die Erde starren, der kann nur sagen: Gut, dass dieser Wahlkampf in Schnee und Eis, in die Kürze fällt.

    Aber Scholz macht auch eine große Koalition, wie das geht, weiß er ja nur zu gut. Er war ja Arbeitsminister unter Merkel, ohne eine einzige signifikante Verbresserung bei der gescheiterten Hartz-IV-Reform (Agenda 2010) zu machen. Wenn er an der Elbe so weiter macht, dann wird auch dieses Rot-Grün so wie das Alte: Wenig Glanz, Aushalten und den Ball flach halten.