Schwarz-gelbe Atompläne: Röttgen lässt sich nicht abschalten
Obwohl Angela Merkel zu seinen Atomplänen auf Abstand geht, lehnt Umweltminister Röttgen Sondergenehmigungen für den Betrieb der Meiler in Biblis und Neckarwestheim weiter ab.
BERLIN taz | Nach anhaltender Kritik aus den eigenen Reihen ist Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu den Atomplänen ihres Umweltministers Norbert Röttgen (CDU) auf Abstand gegangen. Es gebe eine klare Vereinbarung, dass Umwelt- und Wirtschaftsministerium gemeinsame Szenarien zur Energieversorgung erstellten, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm der Welt am Sonntag. "Auf dieser Grundlage wird dann im Herbst entschieden, wie lange die Kernenergie als Brückentechnologie noch gebraucht wird." Vorher seien Festlegungen "verfrüht".
Wilhelm reagierte damit auf Röttgens Äußerungen der Ministerpräsidenten von Hessen und Baden-Württemberg, Roland Koch und Stefan Mappus. Die beiden CDU-Politiker hatten die von Röttgen geplante Laufzeitverlängerung um acht Jahre als nicht ausreichend kritisiert. Mappus warf Röttgen vor, Briefe aus Baden-Württemberg nicht einmal zu beantworten. "So geht man nicht mal mit dem politischen Gegner um." Koch brachte Röttgens Absichten in Verbindung mit schwarz-grünen Koalitionsplänen für Nordrhein-Westfalen und dem Bund. "Unsere politischen Gemeinsamkeiten mit der FDP sind bei weitem größer als die mit den Grünen", sagte Roland Koch.
Die Sprecherin Röttgens sagte am Sonntag der taz, Wilhelm habe lediglich auf das Procedere hingewiesen. "Da gibt es überhaupt keinen Widerspruch." Der Minister habe sich nicht auf konkrete Laufzeiten festgelegt, sondern im Einklang mit den Koalitionsvertrag die Auffassung vertreten, dass bei einem Anteil der erneuerbaren Energien von 40 Prozent der Stromversorgung die Atomenergie überflüssig sei. Das sei selbst nach konservativen Schätzungen von Industrieverbänden im Jahr 2030 der Fall.
Gleichzeitig dementierte die Sprecherin einen Bericht des Spiegels, wonach Röttgen die Abschaltung von sieben Reaktoren in den nächsten Jahren vorantreibe. Es handele sich um die Kraftwerksblöcke, die nach geltendem Recht vom Netz gehen müssten. Der Minister habe aber deutlich gemacht, dass es keine Sonderlösungen im Vorgriff auf das Energiekonzept gebe.
Ohne Sondergenehmigung des Umweltministers können die Stromkonzerne RWE und EnBW die Kraftwerke Biblis A und Neckarwestheim 1 aber nur weiter betreiben, wenn sie Reststrommengen des alten, stillgelegten Eon-Meilers Stade erwerben. Im Fall von Biblis gilt allerdings auch dies wegen Sicherheitsbedenken als fraglich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis