Kommentar paradoxe Atom-Debatte: Merkels Notausstieg

Merkels Notbremsung vom Wochenende scheint daher die These zu bestätigen, dass man über mögliche schwarz-grüne Bündnisse beiderseits nicht vor der Wahl schon reden sollte.

Knapp zwei Wochen brauchte Angela Merkel, um die Atompläne ihres Umweltministers neu zu bewerten. Am vorvergangenen Montag sah sie Norbert Röttgen noch auf dem Boden des Koalitionsvertrags, an diesem Wochenende nun hielt sie es für geboten, den Minister an eben diese Vereinbarung öffentlich erinnern zu lassen. Dabei hatte Röttgen seine Position in der Zwischenzeit gar nicht verändert, genauso wenig wie in den Monaten zuvor. Verwandelt hatte sich nur die Diskussionslage in der Koalition. Zwischen den beiden Interventionen der Kanzlerin lagen mehrere Wutausbrüche des FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle und der süddeutschen Ministerpräsidenten.

Sie alle haben die Kanzlerin und ihren Umweltminister im Verdacht, mit der Atomdebatte einen ganz anderen Ausstieg vorzubereiten - jenen aus der glücklosen Koalition mit der FDP. Ob es die Laufzeiten der Kraftwerke sind, die Leistungen für Hartz-IV-Empfänger oder der Krach um die Entwicklungspolitik: Überall wittert Westerwelle die Absicht Merkels, mit schwarz-grünen Mehrheiten im Bundesrat alsbald wieder ein großkoalitionäres Regiment zu führen. Der FDP-Chef schürt diesen Eindruck nicht zuletzt mit der Hartz-Offensive mit erstem Erfolg. Der leichte Aufschwung in den Umfragen deutet darauf hin, dass die Debatte über den angeblichen Linkskurs der Union Früchte trägt.

Merkels Notbremsung vom Wochenende scheint daher die These zu bestätigen, dass man über mögliche schwarz-grüne Bündnisse beiderseits nicht vor der Wahl schon reden sollte - um die Wählerschaft nicht zu verunsichern und um die Berliner Frontlinien zu wahren. Für beides ist es aber längst zu spät. Erstmals in einem Flächenland wissen die Wähler von Schwarz und Grün bereits, dass sie sich nach der Wahl in einer gemeinsamen Regierung wiederfinden könnten.

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