Schutzgebiete gefordert: Flossen weg von den Haien!
Mehrere Arten des 400 Millionen Jahre alten Jägers stehen erstmals im Zentrum der Cites-Konferenz, die heute in Doha beginnt. Experten fordern Schutzgebiete.
Sushi ist ein Problem. Auch die Schillerlocke ist eines und die Haifischflossensuppe erst recht. "Der weltweite Appetit auf diese Delikatessen bringt viele Haiarten an den Rand der Ausrottung", sagt Olaf Tschimpke, Präsident des Naturschutzbundes (Nabu), bei einer Medienpräsentation im Tropenaquarium des Tierparks Hamburg. Er hofft auf strenge Schutzmaßnahmen für bedrohte Haiarten bei der 15. Konferenz zum Washingtoner Artenschutzübereinkommen (Cites), die seit heute in Doha am Persischen Golf tagt. Über 2.000 Delegierte aus 175 Ländern sollen Schutzkonzepte für Eisbär, Elefanten und Co zu finden.
Für Haie gibt es erstmals Hoffnung, denn mehrere Staaten haben Schutzanträge vorgelegt. Die USA, der Südsee-Inselstaat Palau und Schweden im Namen der EU fordern für den Weißspitzen-Hochseehai, mehrere Hammerhaiarten, den Heringshai und den Dornhai die Aufnahme in den Cites-Anhang II (siehe Shorty). Dadurch würden Fang und Handel starken Kontrollen unterworfen. "Das wird höchste Zeit", sagt Nabu-Artenschutz-Expertin Heike Finke. Weltweit würden mehr als 100 Millionen Haie pro Jahr gefangen. Nicht zuletzt wegen ihrer geringen Reproduktionsrate - viele Arten werden erst mit 20 Jahren geschlechtsreif - stehe ein Großteil der etwa 450 bekannten Haiarten "vor der Ausrottung".
Und das Problem ist sehr viel näher, als den meisten Deutschen bekannt. In der Nordsee sind elf meist kleinere Haiarten heimisch, in der Ostsee sogar 18. Die größeren sind der Dornhai und der Heringshai, und sie sind zugleich die am stärksten bedrohten. Als Schillerlocke, Seeaal oder Seestör firmieren sie im Fischhandel, und britische Fish & Chips müssten korrekterweise Shark & Chips heißen.
Die Nordsee umfasst 0,2 Prozent der Fläche aller Weltmeere, rechnet Nabu-Fischereiexperte Kim Cornelius Detloff vor, "muss aber fünf Prozent des Weltfischfangs aushalten". Zu den vielen überfischten Fischarten zählt so auch der Dornhai. Seit Beginn des industrialisierten Fischfangs vor 80 Jahren sei sein Bestand "um 95 Prozent gesunken".
Als im Dezember 2009 die EU-Kommission einen Fangstopp für Herings- und Dornhaie beschloss, atmeten Naturschützer auf. "Das ist ein herausragendes Ergebnis", freute sich damals Karoline Schacht, Fischereiexpertin beim WWF. Umso wichtiger sei es, den Handel nach den Regeln von Cites nun auch überwachen zulassen, fordert Finke. So könnte erreicht werden, "dass international gehandelte Dornhaie aus nachhaltig gemanagten Beständen stammen".
Zu Fragen des Artenschutzes kommt ein weiteres Problem hinzu, das Finke "auch für ein ethisches" hält: das Finning. Mehreren Millionen Haien werden jährlich weltweit bei lebendigem Leib die Flossen abgeschnitten. Manche Haiarten werden gezielt gefischt, die meisten landen als Beifang bei der Jagd auf Thun- und Schwertfisch an Bord. Die lukrativ zu vermarktenden Flossen kommen in den Kühlraum, die verstümmelten Tiere werden über Bord geworfen und verenden qualvoll. Bis zu 85 US-Dollar bringt ein Kilo, auf dem "Hong Kong Fin Market" erzielen die angeblich besonders schmackhaften Flossen des Großen Hammerhais bis zu 135 US-Dollar pro Kilo. Das macht bis 3.000 Dollar je Flosse, die bei ausgewachsenen Haien über 20 Kilo wiegen können - ein willkommener Zuverdienst.
Haie lebten in fast unveränderter Form schon zu Zeiten der Dinosaurier und gelten deshalb als eines der größten Erfolgsmodelle der Evolution. "400 Millionen Jahre lang waren sie Jäger", erinnert Finke, "jetzt sind sie zu Gejagten geworden." Deshalb müsse in Doha ein umfassender Schutz beschlossen werden. "Großflächige Schutzgebiete ohne jede Fischerei" stellt sich Tschimpke vor: "Der Schutz der Meere ist genauso wichtig wie der Schutz des Regenwaldes."
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