Schutz für türkische Klimajournalistin: Nimm das, Erdoğan
Die Journalistin Hazal Ocak ist Gast der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte. Nun beschreibt sie die Prozesse, die sie mundtot machen sollen.
Journalistin zu sein, das schreibt Ocak an die taz, war ihr „Kindheitstraum“ – und sie hat ihn zielstrebig verfolgt. Bereits als Journalismusstudentin an der Istanbuler Universität schrieb sie für türkische Medien. Kurz danach begannen die Demonstrationen rund um den Gezi Park, der teils einem Bauprojekt weichen sollte. Die Proteste weiteten sich zu einer grundsätzlichen Kritik an der Erdoğğan-Regierung aus – und es klingt so, als hätte diese Erfahrung mit dafür gesorgt, dass sich Hazal Ocak auf die Themen Umwelt, Stadtentwicklung und Klima spezialisiert hat.
Für ihre Recherchen, die unter anderem auch in der taz erschienen, wurde sie als beste Nachwuchsjournalistin und mit dem hoch angesehenen Sedat-Simavi-Preis des türkischen Journalistenverbandes ausgezeichnet. Doch ihre Arbeit und die ihrer Kolleg:innen sei „zunehmend schwierig“, schreibt Ocak. In einem Text schrieb sie darüber, dass Fahrettin Altun, der Kommunikationschef des Präsidenten, in einem geschützten Gebiet des Bosporus illegal einen Pavillon errichtet hat; das Gelände wiederum pachtete er günstig von der Direktion, die das Gebiet verwaltet. Nach Erscheinen des Textes reichte Altun Klage gegen Ocak und weitere Mitglieder der Redaktion ein mit der Begründung, seine Adresse werde im Text genannt und er somit potenziell Ziel eines Terroranschlags.
Tatsächlich, so schreibt Ocak, werde Altuns Adresse in dem Text nicht genannt, zudem gehöre er als Pressechef nicht zu dem Personenkreis, der mit Terrorabwehr beschäftigt sei. Das Gericht sprach sie frei – doch Altun legte Berufung dagegen ein. Nun drohen Ocak erneut bis zu 14 Jahre Haft, sollte sie verurteilt werden.
Kritischer Blick auf Erdoğans Familie
Ocak schreckt nicht davor zurück, auch das familiäre Umfeld von Präsident Erdoğan anzugehen: So schrieb sie über dessen Schwiegersohn und früheren Minister, Berat Albayrak, der sich mit Land auf der Route des von Umweltschützer:innen kritisierten Istanbul-Kanals bereicherte. Auch Albayrak ist nach einem Freispruch für Ocak in Berufung gegangen.
In Hamburg will sie ein Buch darüber schreiben, wie sie die Prozesse erlebt hat – eines in Alltagssprache. „Ich weiß nicht, welchen Druck ich erleben werde, wenn es veröffentlicht ist“, schreibt sie dazu. Es nicht zu veröffentlichen, davon ist nicht die Rede. Und weil Hazal Ocak ein Mensch mit viel Energie ist, hat sie noch ein Ziel für die Zeit in Hamburg: Deutsch lernen und zwar richtig gut. Unterricht hatte sie schon in der Türkei und den will sie nun fortsetzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Täter von Magdeburg
Schon lange polizeibekannt
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml