Schutz für Gasversorger bei Rückzahlungen: Gaspreis von 1981
Bei unwirksamen Preisklauseln in alten Verträgen gibt es nicht das volle Geld zurück. Der Bundesgerichtshof schützt mit seinem Urteil vom Mittwoch die Gasversorger.
KARLSRUHE taz | Immer wieder hat der Bundesgerichtshof (BGH) in den letzten Jahren Preiserhöhungsklauseln in Gaslieferungsverträgen beanstandet, weil sie die Energieversorger einseitig begünstigen. Am Mittwoch nun entschied der BGH, welche Ansprüche Kunden haben, wenn ihr Gasvertrag eine unwirksame Klausel enthält. Dabei schützte er die Gasversorger vor exorbitanten Rückzahlungsforderungen.
Geklagt hatte unter anderem ein Kunde der Bergischen Energie und Wasser GmbH (BEW) mit Sitz in Wipperführth bei Köln. Der Mann hatte seit 1981 einen Sonderkundenvertrag, auf dessen Grundlage die Gaspreise mehrfach erhöht wurden. Wie sich später herausstellte, war die Preiserhöhungsklausel jedoch unwirksam. Der Mann forderte deshalb sämtliche zu viel bezahlten Gaskosten der letzten drei Jahre zurück.
Dass er darauf Anspruch hat, war unbestritten. Offen war aber die Frage, welcher Gaspreis für ihn nun gelten solle. Der Mann wollte nur den Gaspreis des Jahres 1981 zahlen, weil die Preiserhöhungsklausel ja von Beginn an unwirksam gewesen sei. Beim Landgericht Köln hatte der Kunde überwiegend recht bekommen.
Der BGH korrigierte nun dieses verbraucherfreundliche Urteil. Den Rückzahlungsforderungen könnten nicht die Gaspreise zugrunde gelegt werden, die vor vielen Jahren zu Beginn der Vertragsbeziehung galten. Dies würde zu „kaum vertretbaren“ Forderungen an die Gasunternehmen führen, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Ball. Stattdessen nahm der BGH eine Regelungslücke an, die er mit einer „ergänzenden Vertragsauslegung“ zugunsten der Unternehmen schloss. Demnach muss der Kunde alle Preiserhöhungen akzeptieren, denen er nicht binnen drei Jahren ab Erhalt der jährlichen Abrechnung widersprochen hat. „Das wird beiden Seiten gerecht“, behauptete Richter Ball zur Begründung.
Das Urteil hat zum einen Bedeutung für Hunderte noch anhängige Gerichtsverfahren, etwa aus den Jahren 2005 bis 2007, als es eine kleine Gaspreisprotestbewegung gab. Es schafft aber auch Rechtsicherheit für Gaskunden, die erst jetzt gegen Preiserhöhungsklauseln vorgehen wollen. (Az.: VIII ZR 113/11)
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Bildungsforscher über Zukunft der Kinder
„Bitte nicht länger ignorieren“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA entwerfen UN-Resolution zum Krieg in der Ukraine ohne jede Kritik an Russland
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen