Schulbewertungsportal für Eltern: "Spickmich" für Erwachsene
Die Macher der umstrittenen Internetseite "Spickmich" öffnen sich der Erwachsenenwelt. Bei Schulradar.de können Eltern jetzt die Schulen und Lehrer ihrer Kinder bewerten.
Wer bei Schulradar.de seine deutsche Postleitzahl eingibt, kann sich alle weiterführenden Schulen im eigenen Umkreis anzeigen lassen - und bekommt auch gleich deren Bewertungen mit dazu. Auf der Skala von eins bis sechs, wie in der Schule, werden Deutschlands Schulen dort benotet - mit Ausnahme der Grundschulen, aber die sollen noch folgen. Bisher allerdings ist die Seite, die von den Machern des Schüler-Portals "Spickmich" nun extra für Erwachsene betrieben wird, erst seit ein paar Tagen in Betrieb und so ist die Anzahl der von Eltern bewerteten Schulen noch sehr gering - gibt man Antwort auf die Frage: "Würden Sie gern auf diese Schule gehen?" - so erreicht man mit der eigenen Antwort ein 100prozentiges Ergebnis.
Die Bewertungen basieren derzeit hauptsächlich noch auf denen von Schülern, so zwischen 13 und 37 Bewertungen pro Schule. Das ist einerseits verständlich, denn ohne die Schüler-Bewertungen wäre die Schulradar-Datenbank zur Zeit noch vollkommen leer, andererseits ist die Meinung der Schüler über ihre Schule zwar interessant und wichtig, aber nicht unbedingt dass, was das Ranking einer Schule bei diesem Portal ausmachen sollte. Die Schüler sorgen hier außerdem, wie bei "Spickmich" auch, für einen großen, amüsanten Zitatenschatz aus Lehrersmund.
Bei der Registrierung ist neben Namen und Email-Adresse noch anzugeben, ob der Nutzer Schüler, Lehrer, Rektor, Ehemaliger oder Lehrer ist - Mehrfachnennungen sind unsinnigerweise nicht möglich. Die Möglichkeiten der Registrierung bieten aber - vorausgesetzt die Nutzer sind ehrlich - die Gelegenheit für Lehrer und Rektoren, als Ausgleich zu den Schüler-Schmähungen auf "Spickmich", für die eigene Leistung in die Bresche zu springen - oder aber, andernfalls, die Bewertungen zu manipulieren. Das wäre ein Kinderspiel: Wer es darauf anlegt, kann mit verschiedenen Logins eine Schule hochjubeln oder niedermachen - aber der Vorwurf der Manipulierbarkeit lässt sich bei interaktiven Webseiten fast immer anbringen - häufig, ohn e dass die Angebote einen Schaden davontragen.
Das von Kölner Studenten betriebene "spickmich"-Portal ist mit mittlerweile einer halben Million Nutzer äußerst erfolgreich und beliebt - nur nicht bei den Lehrern. Von insgesamt 250000 benoteten Lehrern haben zwei gegen ihre Benotung geklagt - doch vor Gericht verloren. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Deutsche Philologenverband lehnen das Portal ab.
Die bei Schulradar zur Bewertung gestellten Fragen an die Eltern sind ähnlich wie an die Schüler, es sollen Individuelle Förderung, Gebäude und Ausstattung, Lehrkräfte, Schulleitung, Schulklima, Aktivitäten und Gewalt beurteilt werden. Das Ergebnis fällt dann beispielsweise mit 4,0 und dem Hinweis "Lieblose Schulpräsenz" aus. Oder bei Bewertungspunkt Unterrichtsbegleitende Aktivitäten mit 5,0 und dem Kommentar: "Fehlanzeige auf ganzer Linie!". So werden viele staatliche Gymnasien abgewatscht, wohingegen die Topliste von drei Privatschulen angeführt wird, darunter das Elite-Internat Schloss Salem. Dabei sind bei den drei Top-Schulen die Schülernoten sehr viel besser als die der Eltern, die offenbar selten eine bessere Note als befriedigend geben.
Dabei ist das Angebot angeblich aufgrund der großen Eltern-Nachfrage entstanden. Wenn es darum geht, eine weiterführende Schule für ihre Kinder zu suchen, haben sie offenbar ein großes Informationsbedürfnis, dass über einen Informationsabend der Schulen hinausgeht. Nachvollziehbar, denn schließlich werden häufig die Schulentscheidungen aufgrund von Empfehlungen getroffen, die meist zuverlässiger sind als die offiziellen Schulangaben. Denn die AGs, die am Tag der offenen Tür vorgestellt werden, gibt es im laufenden Schuljahr häufig plötzlich doch nicht mehr und die angekündigten Förderkurse finden auch nicht statt.
Insofern kann schulradar.de nützlich werden, sobald es zu den Schulen ausreichend Bewertungen von Schülern und Eltern gibt, um ein realistisches Bild vom Schulalltag widerzugeben. Und wenn auf diese Weise falsche Erwartungen oder Fehlentscheidungen vermieden werden können, wäre das ein echter Verdienst. Allerdings gibt es vermutlich an jeder staatlichen und sogar privaten Schule das eine oder andere auszusetzen, sodass wohl weiterhin am häufigsten die Note "befriedigend" vergeben wird.
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