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Schüsselfertig

■ Der dänische Pornokanal "TV 69" geht europaweit auf Sendung

Der eine geht, der andere kommt. Kaum hat das niederländische Sex-Pay-TV „Red Hot Dutch“ gleichsam über Nacht den Sendebetrieb eingestellt und damit rund 10.000 europäische Abonnenten um ihr pornographisches Plaisir betrogen, da springt schon der nächste Anbieter in die Bresche: „Erotic TV 69“, so der bezeichnende Name des neuen Pornokanals für pay-willige Schüsselbesitzer. Mit einer dänischen Sendelizenz ausgerüstet, wird TV 69 sein Programm in Kopenhagen einspeisen. Via Satellit soll dann ganz Europa mit knallharter Pornographie versorgt werden. Um das neue Projekt zu realisieren, hat TV 69 Verträge mit einschlägigen Filmproduzenten aus der ganzen Welt abgeschlossen. Alles ist erlaubt. Gesendet werden soll ab Anfang Mai über den Satelliten Eutelsat.

Täglich ab 0.30 Uhr wird zunächst ein unverschlüsseltes Animationsprogramm mit dem Titel „Was sah Opa in den vergangenen Tagen“ Kurzfilme aus den Jahren 1920 bis 1940 bringen. Ab ein Uhr wird dann verschlüsselt weitergesendet: bis in den frühen Morgen läuft ungeschnittener „hard stuff“.

Hinter Erotic TV 69 steht der dänische Geschäftsmann Gorm Oldorf, ein Mann mit Vergangenheit: Nach seiner Managertätigkeit bei „American Express“ war er Chef der Aboabteilung der skandinavischen Pay-TV-Programme „TV 3“ und „TV 1000“. Lange hieß es in der Branche, daß Erotic TV 69 einen Vertrag mit der deutschen Pornoproduzentin Teresa Orlowski abgeschlossen habe, die sich angeblich mit 49 Prozent beteiligen wollte. Die Deutsche ist offenbar mit ihrem Softpornokanal „VTO“, der via Adult Channel aus Großbritannien kommt, unzufrieden und möchte sich für die Verwertung ihrer harten Pornofilme ein zweites Pay-TV-Standbein schaffen. Doch scheinen sich die Beteiligungspläne zerschlagen zu haben. „Frau Orlowski kann mir gerne ihre Filme verkaufen, aber Anteile an TV 69 hat sie nicht“, so Oldorf über das Verhältnis zwischen seiner Firma und VTO.

Die TV-69-Abonnements werden voraussichtlich um die 400 Mark im Jahr kosten. Die „Smartcards“ und Decoder sollen mit Ausnahme Großbritanniens, dessen Gesetze Hardcore-Porno- Programme verbieten, in allen Ländern Europas vertrieben werden. Seine Zielgruppe sieht Oldorf jedoch grundsätzlich in „allen Menschen dieses Planeten“. Sex sei schließlich neben Atmen, Sterben, Schlafen und Essen einer der „fünf Lebensgrundsätze“.

So trivial der Sendungsauftrag, so raffiniert die Verkaufsstrategie: Oldorf will seinen Sexsender gleich auf mehreren Ebenen vermarkten. Das Programm wird durch einen Modeversand für Reiz-, Lack-, Gummi- und Plastikwäsche ergänzt („TV 69 fashion“). Weitere Einnahmen verspricht sich Oldorf aus dem Verkauf von Videokassetten. Zugegebenermaßen „teuer“ soll die ZuschauerInnen auch der geplante Telefonsex-Service zu stehen kommen. Über kostenpflichtige Rufnummern können sie sich live mit den DarstellerInnen aus den laufenden Filmen unterhalten. Doch damit sind Oldorfs Pläne längst nicht erschöpft. Mit Inbetriebnahme des neuen Eutelsat-Satelliten „Hot Birds“ im Herbst möchte TV 69 sein Angebot durch digitale Kompression vervielfachen. Auf einem Transponder sollen dann neben dem „normalen“ Programm auch „TV 69 S+M“, „TV 69 Gay“ und „TV 69 Bizarr“ augestrahlt werden. Schon jetzt rührt Ohldorf kräftig die Werbetrommel: Auf der Satelliten-Messe InterSat im März präsentierte er sich mit einer in Lack gehüllten Schönen. Erbil Kurt

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