Schüsse in französischem Schnellzug: Orden und Zweifel
Die Passagiere, die den Thalys-Schützen stoppten, sind nun „Ritter der französischen Ehrenlegion“. Am Motiv des Täters gibt es Zweifel.
Den 25-jährigen Marokkaner, der am Freitagabend in dem Hochgeschwindigkeitszug Amsterdam-Paris das Feuer eröffnet hatte, bezeichnete Hollande als Terroristen. Der schwer bewaffnete Angreifer war von den Fahrgästen niedergerungen worden, terroristische Absichten leugnet der Festgenommene.
„Eine Person hatte entschieden, einen Anschlag im Thalys zu begehen“, sagte Hollande. „Er hatte genug Waffen und Munition, um ein Blutbad anzurichten.“
Der Präsident überreichte die hohe Auszeichnung den US-Soldaten Alek Skarlatos und Spencer Stone, dem amerikanischen Studenten Anthony Sadler sowie dem Briten Chris Norman. Die drei jungen Amerikaner waren in Begleitung ihrer Mütter in Hollandes Amtssitz gekommen, auch US-Botschafterin Jane Hartley und Belgiens Premierminisiter Charles Michel waren bei der Zeremonie dabei. „Ihr Heldenmut soll ein Beispiel für viele und eine Quelle der Inspiration sein“, sagte Hollande. „Das ist eine sehr große Ehre“, reagierte Norman (62).
Raubüberfall oder Anschlag
Der Marokkaner war von den spanischen Behörden als Islamist gemeldet worden. Die belgischen Sicherheitsbehörden kannten den Mann zwar, hielten ihn aber nicht für sehr gefährlich. Deshalb sei er nicht rund um die Uhr überwacht worden, sagte der belgische Innenminister Jan Jambon am Montag dem belgischen Sender Radio 1.
Der 25-Jährige wurde nach seiner Festnahme in einen Vorort von Paris gebracht und dort von Anti-Terror-Ermittlern verhört. Nach Angaben seiner Anwältin behauptete er, die Fahrgäste ausrauben zu wollen, aber kein Terrorist zu sein. Seine Bezwinger halten das angesichts seines Waffenarsenals – eine Kalaschnikow, eine Pistole und zahlreiche Magazine – für unglaubwürdig.
Der Vater des Angreifers im Schnellzug von Amsterdam nach Paris hat seinen Sohn in Schutz genommen. „Er war ein guter Junge, sehr fleißig“, sagte Mohamed El Khazzani über seinen 25-jährigen Sohn Ayoub laut einem Bericht der britischen Zeitung The Telegraph vom Sonntag. Ein politisches Motiv hielt er für unwahrscheinlich. Sein Sohn habe „nie über Politik gesprochen, nur über Fußball und Fischen“, sagte er.
Auch in Deutschland gibt es nun Rufe nach einem besseren Polizeischutz in Zügen und Bahnhöfen. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer (CSU), sagte der „Passauer Neuen Presse“ (Montag), im Vergleich zum intensiv kontrollierten Flugverkehr sei der Bahnverkehr wesentlich anfälliger. Um die Polizeipräsenz zu erhöhen, „bedarf es aber unweigerlich zusätzlicher Stellen bei der Bundespolizei.“
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält einen Einsatz von Sicherheitsbegleitern in Zügen nach dem Vorbild der Sky-Marshalls im Luftverkehr für sinnvoll. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte am Sonntag am Rande einer Veranstaltung in Aachen gesagt: „Ich kann mir nicht vorstellen, in jede S-Bahn und in jeden Zug Sicherheitsbeamte zu stellen.“ Wo es Hinweise gebe, müsse man den Bahnverkehr möglicherweise stärker in den Blick nehmen.
Der französische Bahnbetreiber SNCF hält eine Abriegelung und systematische Kontrolle der Bahnsteige – ähnlich wie im Flughafen nicht für machbar. Der Zugverkehr sei in Frankreich 20-mal so groß wie der Luftverkehr, sagte SNCF-Chef Guillaume Pepy in einem Interview der Zeitung „Le Journal du Dimanche“ zur Begründung.
Belgiens Premierminister Charles Michel will für die internationalen Thalys-Züge Gepäck- und Ausweiskontrollen wie beim Eurostar-Zug zwischen dem europäischen Festland und London. Zudem fordert er ein Treffen der Innenminister von Frankreich, Deutschland, Belgien und den Niederlanden – dort verkehren die Thalys-Züge.
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