■ Schröder will Vermögen kaum höher belasten und Stiftungen erleichtern: Eine verlogene Debatte
Es gab einen ehrlichen Moment im Streit um neue Vermögensabgaben – als der SPD-Linke Detlev von Larcher mit seinem Vorschlag herausrückte. Nur 300.000 Mark Freibetrag für Wohneigentum: Wer mehr hat, sollte mit einer einprozentigen Vermögensabgabe zur Kasse gebeten werden. 300.000 Mark! Kreisch! Dafür „bekommt man heute nicht einmal eine Drei-Zimmer-Wohnung in Steglitz“, jammerte ein Zeitungskommentator. Genau. Im Streit um Vermögensbelastungen geht es auch um die Mittelschicht.
Wer Vermögen stärker besteuern will, der müsste auch von der „neuen Mitte“ nehmen. Denn wo fängt Reichtum eigentlich an? Bei einer halben Million Mark, bei einer Million Freibetrag („so viel ist doch schon ein Eigenheim in Stuttgart wert!“) oder bei noch mehr? Nur: Die Superreichen sind leider international mobil und besitzen Gewerbeimmobilien und Mietshäuser, und daran hängen Jobs und Wohnungen.
Dem Streit um höhere Vermögensbelastungen haftete daher von Anfang an etwas Verlogenes an. Eigentlich findet die neue Mitte es gut, dass man im Spätkapitalismus zu Geld kommen kann. Nur dass es dabei zu Ungleichheiten kommt, das will man nicht hinnehmen.
Genau wegen dieser Doppelmoral packte Bundeskanzler Schröder seinen gestrigen Auftritt in Zuckerwatte: An den geringen Belastungen auf Erbschaften wird nur zaghaft gerüttelt, dafür sollen die Reichen durch ein neues Stiftungsrecht zu mehr Wohltätigkeit animiert werden. Als ob Wohltätigkeit eine Art Ersatz für die nicht erfolgte Vermögensbelastung sein könne. Eine „symbolische Debatte“ sei der Streit um die Vermögenssteuer, hieß es früher. Schröders mediale Verquickung von Stiftungsrecht und Vermögens-Nichtbesteuerung ist nun erst recht symbolische Politik. Mehr ist offenbar nicht drin.
Barbara Dribbusch
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen