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SchottlandUnabhängigkeit vertagt

Der Termin für ein Referendum über die Unabhängigkeit ist nicht zu halten, räumt Premierminister Salmond ein. Am Ziel der Separation hält der Nationalist aber fest.

Mit langem Atem auf dem Weg zur Unabhängigkeit: Alex Salmond Bild: dpa

Er wird sein Wahlversprechen wohl nicht halten können. Schottlands Premierminister Alex Salmond von der separatistischen Scottish National Party (SNP) räumte in der vergangenen Woche mehr oder weniger ein, dass seine Minderheitsregierung das Referendum zur schottischen Unabhängigkeit verschieben müsse. Eigentlich sollte das Volk im Jahr 2010 darüber entscheiden.

"Vergesst nicht, dass Rom nicht an einem Tag erbaut wurde", sagte Salmond jetzt. "Nicht mal in hundert Tagen." Die SNP ist bei allen Entscheidungen auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen. Sie hatte am 3. Mai bei den Wahlen 47 Sitze gewonnen - einen mehr als die Labour Party, die in Schottland seit 50 Jahren das Sagen hatte. Labour-Chef Jack McConnell zog aber erst jetzt die Konsequenzen aus dieser Wahlniederlage und trat zurück.

Für eine absolute Mehrheit im 129 Sitze umfassenden Parlament reichte der SNP das Ergebnis freilich nicht. Salmond wäre gerne eine Koalition mit den Liberalen Demokraten eingegangen, aber die winkten wegen der Referendumspläne über die Unabhängigkeit ab.

Diese hofften ebenso wie die Labour Party und die Tories, dass sich Salmonds Minderheitsregierung schnurstracks ins Chaos manövrieren und die erste SNP-Regierung in der Geschichte eine kurze Episode bleiben würde. Da haben sie den neuen Premierminister gründlich unterschätzt. Er ist ein gewiefter Taktiker, der sein Ziel, die schottische Unabhängigkeit, keinen Moment aus den Augen verliert. Auch wenn es mit dem Referendum bis 2010 nichts wird, bleibt es doch sein Langzeitziel.

Dass Salmond Konflikte mit der Regierung in London suchen würde, war von Anfang an klar. Aber er wählte sie genau aus und brach nur dann einen Streit vom Zaun, wenn er sicher war, dass er nicht verlieren würde. So warf er zum Beispiel dem damaligen Premierminister Tony Blair vor, hinter dem Rücken der schottischen Regionalregierung mit Oberst Gaddafi vereinbart zu haben, den für das Flugzeugattentat bei Lockerbie verurteilten Libyer Abdelbaset Ali Mohamed al-Megrahi freizulassen. Zwar stritt Blair das ab, aber in den Medien wurde Salmond als moralischer Sieger präsentiert.

Mit verschiedenen populistischen Maßnahmen sorgte Salmond dafür, dass die SNP heute beliebter ist als vor drei Monaten. Er schaffte die Mautgebühr für zwei stark befahrene Brücken sowie die Rezeptgebühr für chronisch Kranke ab und verhinderte die geplante Schließung der Notaufnahmestationen in mehreren Krankenhäusern. Darüber hinaus strich er die Studiengebühren für schottische Studenten, während Engländer weiterhin zahlen müssen, wenn sie in Schottland studieren.

Seit seinem Amtsantritt war Salmond bereits zweimal in Belfast. Er will die "keltische Achse" zwischen Nordirland, Schottland und Wales stärken, um vereint mehr Zugeständnisse bei der Londoner Regierung herauszuholen. Sein erster Besuch nach den Wahlen galt allerdings weder Belfast noch London, sondern Brüssel. Dort reklamierte er Schottlands Platz in Europa und trat auf, als ob er mit dem britischen Premierminister Gordon Brown gleichrangig sei.

Das 48-seitige Weißbuch, ein Diskussionspapier über die Unabhängigkeit Schottlands, das die SNP-Regierung am Dienstag vergangener Woche vorlegte, ist der bisher letzte taktische Schritt, um die Unabhängigkeitsfrage auf die Tagesordnung zu setzen. Salmond rief zu einer "offenen, robusten und würdevollen Debatte" über die Separation oder wenigstens die Kompetenzerweiterung des Parlaments in Edinburgh auf.

Auch wenn die anderen Parteien das Weißbuch sofort attackierten, hat die Labour Party ihre Politik längst stillschweigend geändert. Die Frage ist auch bei Labour nicht mehr, ob das Holyrood-Parlament mehr Befugnisse bekommen soll, sondern welche. Salmond behauptet, dass 80 Prozent der Schotten die Frage nach der Unabhängigkeit gerne durch einen Volksentscheid klären wollen. Möglich. Das heißt jedoch nicht, dass auch 80 Prozent für die Unabhängigkeit sind. Laut Umfragen sind es ungefähr ein Drittel.

Aber Alex Salmond hat viel Zeit. Wenn er in vier Jahren mit einer deutlicheren Mehrheit wiedergewählt werden sollte, dann kann er mit seinen Plänen Ernst machen.

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