: Schon unterwegs
■ 0177/5690194 wählen – Trost kommt / Heute ist der Künstler Mark Formanek mit seinem Trostmobil „Mob T2“ in der Stadt unterwegs und tröstet per Megaphon
Mitmachkunst ist anstrengend. Man soll selber sägen, dichten oder nachdenken – der Künstler war ja nur Anreger. Mark Formanek ist auch so ein Mitmach-Künstler. Am heutigen Montag fährt er in einem ollen VW-Bully mit Schild („Dienstwagen“) und Megaphon von Münster nach Bremen. Doch keine Angst: Der gemeine Mitmacher muß nur eine Telefonnummer wählen, das Kennwort „Trost“ nennen und eine Straße angeben. Länger als auf den Pizza-Service wird er nicht warten – dann rollt der Tröster Modell Mob T2 durch seine Straße. Und verkündet Künstlers güldene Sprüche.
Und folgendermaßen wird Trost auf die Bremer niedergehen: ... andere Wege einschlagen ... je mehr ich geliebt bin, desto spannender wird das Leben ... life goes on ... ein kleiner Schritt, und es tun sich ganz von allein 1000 Möglichkeiten auf ...vielleicht entdeckst du sowas auch ... das Einfachste und Schönste wäre, dich in den Arm zu nehmen und ganz fest zu drücken ... das tu ich jetzt in Gedanken, ja? ... Ich drück dich und lach dich an ...
Solche Sachen macht Formanek schon lange. 1993 gründete er eine Art Firma namens PosA, Herstellung und Vertrieb positiver Apparate für den privaten Haushalt. Eine seiner Kisten heißt Der Romantiker, ein Kästchen, in dem man nach Bedarf romantische Gesänge aktivieren kann. Die nützliche Kiste für Einsame heißt Der Gesellschafter. Er kann jederzeit die Geräusche einer gutgelaunten Menschengruppe abspulen. Es gibt sich überraschend meldende Geräte und verschiedentlich piepsende.
Ein ortsfester Tröster ist auch im Sortiment, den kann man sich noch ein paar Tage lang im Künstlerhaus (Am Deich 68) ansehen. Da hat Mark Formanek nämlich gerade eine Ausstellung. In den Tröster, der aussieht wie eine Notrufsäule an der Autobahn mit Klappe, wirft man eine Mark – und schon tröstet es los.
Wahrscheinlich ist die These nicht abwegig: Wer alle Welt trösten will, hat Trost selbst bitter nötig. Formanek ist einer, der durch die Welt zieht, Zeichen setzt oder erfindet oder bestehende Warnschilder verfremdet oder Kästen aufstellt, darin liegen Gegenstände, die darf man mitnehmen, wenn man selbst was hinterläßt. Und dann hofft der Künstler, daß was passiert. Zumindest Kommunikation im Öffentlichen Raum, was ja glasklar unter den erweiterten Kunstbegriff fällt. Leider sind solche Künstler allzu oft vergleichbar dem Flüsterer in der Wüste.
Doch am Montag wird nicht geflüstert, sondern Trost per Megaphon getrötet. Eine einfache Sache, muß man nicht drüber viel nachdenken. Leute, die schon mal angefragt haben wegen Trostbelieferung, wollten wissen, ob Formanek auch wg. Kosovokrieg tröstet. Aber so war das nicht gemeint. Da könnte man ja gleich nach Pristina fahren. Es geht um den alltäglichen Kleintrost für zwischendurch. Für ein paar Groschen, die der Handyanruf kostet, läßt man sich einmal akustisch drücken. Das ist auf jeden Fall billiger als diese ganzen 0190-er Nummern.
BuS
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen