piwik no script img

■ Schöner LebenTissue-Lügnerei

„2lagiges Tissue-Toilettenpapier Mach weg – 8 x 248 Blatt.“So stand's zu lesen auf den Klopapierrollen. Da muß jeder mißtrauisch werden, der es sich nicht leisten kann, auf billige Werbetricks hereinzufallen. Da hilft also nur eins: Nachzählen!

Vier gestählte Studenten zieren acht Klopapierrollen in ihrer Wohngemeinschaft in Berlin über den Fußboden. „177, 178, 187... wieder verzählt.“Ist ja auch nicht so leicht, mit vier Mann zugleich der Tissue-Industrie auf die Schliche zu kommen. Außerdem: Zählt man jetzt diese ersten und letzten Blätter, die immer an der Rolle oder an der unteren Lage hängenbleiben, mit? Die sind schließlich nicht mehr zu gebrauchen. Obwohl – von brauchbar oder nicht stand auch nichts auf der Verpackung. Also mitzählen!

Wieder Stille in der WG. Vier erwachsene Jung-Männer krauchen wie bescheuert über die Tissue-Auslegware. Fünf Minuten später liegen die Resultate der vier Anfangsrollen vor. Erste Hochrechnungen ergeben Verblüffendes. Jede Rolle hat im Schnitt 257,3 Blätter – inklusive der angeklebten.

Weiter geht's – noch warten weitere vier Rollen auf die tapferen Studis. Der Schnitt der nächsten Runde liegt sogar noch über dem der ersten: 259,7 Blatt. Wo ist der Taschenrechner? Endergebnis für die Großpackung: 258,5 – in Worten: zweihundertachtundfünfzigein-halb – Blätter befinden sich auf jeder Rolle. Das schreit nach WG-Konferenz!

Antrag eins: Die Industrie ist besser als ihr Ruf. Statt werbemäßiger Übertreibung üben sich die Macher von Mach-weg-Klopapier in holder Bescheidenheit. Antrag zwei: Lug und Trug durch die Schweine-Tissue-Industrie. Mit den Zusatzblättern will man die Kunden nur an die Marke binden. Antrag eins findet eine Stimme – den Antrag-steller. Der Rest votiert für Antrag zwei. Wo kommt man denn als ordentliche Kreuzberger WG mit Che-Poster in der Küche und Karls Kapital auf dem Klo hin, wenn man den Kapitalisten blauäugig abnimmt, sie hätten sich tatsächlich verzählt und deshalb tiefgestapelt! Und überhaupt: Hatte nicht Rolle sieben nur 247 Blatt? Jens Tittmann

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen