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■ SchnittplatzDer Krieg in Grün

Wer in den Nächten von Mittwoch auf Donnerstag und von Donnerstag auf Freitag den Fernseher einschaltete, sah grün. Ein Grün der besonders unangenehmen Sorte, das den Verdacht nahelegte, die Bildröhre habe den Geist aufgegeben. Erst nach einigen Augenblicken wurde klar: Das Gerät war in Ordnung, grün war der Krieg – Krieg, gesehen durch die Kameras von CNN. Wie immer war CNN zur Stelle, und wie immer gab es nichts zu zeigen. Nur Grün. Das dafür in rauhen Mengen.

Ereignisse wie die Luftangriffe auf Bagdad sind heutzutage TV- Ereignisse ersten Ranges, sind aber fatalerweise alles andere als telegen. Das trifft keineswegs nur für Kriege zu. Jedem US-Bürger unvergessen ist der Fall O. J. Simpson. Nicht nur die endlose, über weite Strecken stocklangweilige Gerichtsverhandlung, sondern seine Flucht im Sommer 1994, nachdem er unter Mordverdacht geraten war. Stundenlang flimmerten die Bilder des Pickups über die Mattscheiben, in dem Simpson mit einer Pistole an der eigenen Schläfe saß.

Oder der Bombenanschlag im olympischen Park von Atlanta. Als die Fernsehteams anrückten, war alles vorbei, und sie durften nicht durch. Also brachten sie die ganze Nacht – nichts. Reporter vor Absperrungen, Mutmaßungen en gros, Augenzeugen, die nichts gesehen hatten oder sich eklatant widersprachen – bis endlich die ersten Amateurvideos für teures Geld ersteigert worden waren, die dann in Endlosschleife wiederholt wurden. Im Prinzip dasselbe passierte nun in Sachen Bagdad: die ausufernde Zelebrierung eines visuellen Nichtereignisses – bloß in Grün.

Es macht nichts. Das Publikum guckt trotzdem zu. Die optische Unzulänglichkeit gigantischer Fernsehereignisse bringt das Medium auf den Punkt. Es ist das gleiche Phänomen wie bei Talkshows, TV-Krimis, Soap- operas oder Fußballspielen. Die Menschen sitzen nicht vor dem Gerät, weil es etwas zu sehen gibt, sondern weil sie glauben, daß es etwas zu sehen geben könnte. Und so sitzen sie und glotzen, sitzen und glotzen und sitzen. Matti Lieske

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