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Schneeräumung: Interview mit Ordnungsstadtrat"Was die Umweltsenatorin sagt, gilt nicht"

Weil sich der Schnee festtritt, droht Eis auf den Bürgersteigen. Das muss beseitigt werden, sagt der Friedrichshain-Kreuzberger Stadtrat Peter Beckers (SPD).

Antje Lang-Lendorff
Interview von Antje Lang-Lendorff

taz: Herr Beckers, sind Sie diesen Winter schon ausgerutscht?

Peter Beckers: Nein, noch nicht.

Sie Glücklicher! Der Schnee hat sich festgetreten, es bildet sich seit einigen Tagen Eis auf den Bürgersteigen.

Wir hatten in Friedrichshain-Kreuzberg bislang nur zwei schwierige Stellen im Samariterkiez, wo wir die Glätte besonders bekämpfen mussten. Ansonsten ist die Situation noch relativ gut. Aber das Problem kommt auf uns zu. Auf den Gehsteigen gibt es eine Restschneefläche, die fester und fester wird, wenn die Leute darüberlaufen. Wenn es dann noch ein bisschen feucht wird, hat man schnell eine harte Kruste, die schlecht zu entfernen ist.

Müssen die Räumdienste dagegen vorgehen?

Ja natürlich. Der Senat hat im November ein neues Straßenreinigungsgesetz beschlossen. Demnach muss das Eis nicht mehr nur bekämpft, sondern auch beseitigt werden. Die Eigentümer sind dafür verantwortlich, dass die Gehsteige freibleiben. Sie können private Firmen beauftragen. Beim Schnee ist für uns der Maßstab: Er muss so geräumt werden, dass sich jemand mit Kinderwagen und Rollstuhlfahrer bewegen können.

Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) hat das neue Gesetz kurz vor Weihnachten relativiert. Sie sagte, es müsse nicht immer alles gleich schwarz geputzt werden. Was gilt denn nun?

Natürlich das Straßenreinigungsgesetz. Es gilt nicht, was Frau Lompscher dazu sagt. Sie ist nicht die Legislative. Sie ist Exekutive, wie ich auch. Wir sind verpflichtet, das Gesetz umzusetzen, und nicht, es zu interpretieren. Ich würde mich nicht trauen, ein Gesetz, das das Abgeordnetenhaus beschlossen hat, derart aufzuweichen.

Das heißt, Ihr Ordnungsamt schreibt weiter konsequent Bußgeldbescheide?

Die Eigentümer sind darauf angewiesen, dass ihre Verträge von den Reinigungsfirmen umgesetzt werden. Die Unternehmen haben sich bislang nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Das ist uns bewusst, und das berücksichtigen wir bei der Höhe der Bußgelder. Die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt bleiben. Wir werden nicht auf Biegen und Brechen versuchen, unsere Kassen zu sanieren, indem wir private Hausbesitzer drangsalieren.

Wo gab es die größten Probleme?

Die Wohnungsbaugesellschaften haben in unserem Bezirk relativ große Anteile. Sie sind komplett auf die Schneebeseitigungsfirmen angewiesen und haben offenbar Pauschalverträge vereinbart. Die Firmen neigen dazu, nur das Minimum zu machen. Es läuft inzwischen besser als noch vor zwei Wochen, aber Probleme gibt es immer noch.

Wie viele Bußgeldbescheide haben Sie diesen Winter verteilt?

Insgesamt 250. Das ist sehr viel für diesen Zeitraum.

Sind denn zurzeit viele Mitarbeiter des Ordnungsamtes im Einsatz gegen Schneeverstöße?

Ja, ein Großteil.

Das heißt, man kann jetzt falsch parken, ohne ein Knöllchen fürchten zu müssen?

Darauf würde ich nicht wetten. Aber es ist in der Tat so, dass die Schnee- und Eisbekämpfung im Moment im Vordergrund steht.

Wie oft schauen Sie in den Wetterbericht?

Sehr häufig. Ich hoffe, dass der Schneefall aufhört. Nicht nur, weil ich Ordnungsamtsstadtrat bin, sondern auch Bürger dieser Stadt. Mir reicht es langsam.

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1 Kommentar

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  • I
    Icke

    In manchen Stadtteilen (z.B. im Berliner Norden) kann man dank der neuen Gesetzeslage erleben, dass manche Schneeräumer nachts um zwei oder, je nach gefallener Schneemenge, erst um vier Uhr morgens in den offenbar scharf kontrollierten Wohngebieten anrücken und ihre transportablen Schneefräsen anwerfen. Na ja, lärmtechnisch ist eben dieser Berliner Norden eh merkbefreit.

     

    In so manche Geschäftsstraße (z.B. die Breite Straße in Pankow) scheint sich dagegen noch nie ein Kontrollmensch verlaufen zu haben: Vor etlichen Geschäften türmt sich der Schnee.