: Schmieriges Vokabular
■ betr.: „Kleiner Großer Bruder“ von Peter Gauweiler, taz vom 9. 4. 98
[...] Peter Gauweiler will in einem Satz, ganz beiläufig, als wäre das so schon immer klar, der „Jugend des Dritten Reiches“ zu einer angeblichen Trauerarbeit verhelfen. Ein Riesenthema, kontrovers diskutiert seit Jahrzehnten, löst dieser Peter Gauweiler ganz nebenbei. Ist das Wunschdenken, oder will da einer was unterjubeln?
Die Trauerarbeit hat doch kaum stattgefunden. Ich kenne mehr Nichtwahrhaben-Wollen, Leugnen, Rechtfertigen, Ausredensuchen meiner Eltern, Verwandten, Lehrer und auch der öffentlichen Figuren dieser Generation. Außer über persönliche Verluste waren die Mitverantwortlichen doch zur Trauer nicht fähig. Aktuelle Denkanstöße für Peter Gauweiler: „Resonanz auf Wehrmachtausstellung, „Diskurs mit Daniel Goldhagen“. Zu den anstößigen Formulierungen: „Jugend des Dritten Reiches“ und „Zusammenbruch ihrer Idee“. Schmieriges Vokabular, wenn es ohne Anführungszeichen gebraucht wird. Und übrigens: Wann war denn der „Zusammenbruch der Idee“? Befreit werden mußten sie das ist doch bekannt, und ein so großer Unterschied.
Fazit: Der brave Bursche hat schon mit 22 die Belohnung dafür bekommen (jüngster Stadtrat in München), daß er denen vor und über sich von klein auf und vor allem bis heute in wichtigen Dingen das Wort redet. Das Wunschdenken anderer ist sein eigenes. So wird man was. Isolde Knobloch, Stutensee
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