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Schlittenwechsel im BobsportDie Umsteiger

Im Bobsport konkurrieren die Sportgeräte-Entwickler: Olympiasieger Friedrich wechselt wohl vom FES-Schlitten in einen, den BMW entwickelt hat.

Auslaufmodell? Francesco Friedrich und Alexander Schüller jubeln in Sigulda Foto: dpa

Sigulda taz | Geht das Bob-wechsel-dich-Spiel weiter? Im lettischen Sigulda ist Francesco Friedrich an diesem Wochenende mit einem Bob des Instituts für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) gefahren. Und hat am Samstag einen überragenden Sieg erzielt.

Im Februar, bei seinem Olympiasieg, war der 28-jährige Sachse noch in einem Bob des Tiroler Schlittenbauers Johann Wallner unterwegs. Und künftig? Steigt er wieder um? Ein Team des Automobilherstellers BMW, das seit vielen Jahren als Technikpartner des deutschen Verbandes arbeitet, hat sich an den Bau eines eigenen Schlittens gewagt.

BMW nennt das Projekt hochtrabend „Innovationsträger“. Doch Bundestrainer René Spies bremst – zumindest die Erwartungen. „Man kann das Rad nicht neu erfinden, weil das Reglement zu eng gestrickt ist“, sagt er. Trotzdem wurde an vielen Stellen gedreht und geschaut, was man alles anders machen kann. Ingenieur Thomas Hahn und sein Team seien mit sehr viel Demut an das Projekt gegangen, sagt Spies: „Von daher habe ich viel Vertrauen in ihn, dass sie etwas Brauchbares hinbekommen.“

Noch vor Weihnachten soll im Eiskanal am Königssee die Probefahrt erfolgen. Nachwuchstrainer Matthias Böhmer wird der Testpilot sein. Doch schon bald darauf werden auch Friedrich, Nico Walther und Johannes Lochner zu ersten Fahrten kommen. „Ich hätte gerne, dass den Schlitten jeder fährt und seine Eindrücke schildert“, sagt Spies. Zunächst ging die Initiative von BMW aus.

Konkurrenz belebt

Dessen US-Dependance hatte bereits für die US-Bobfahrer einen Schlitten gebaut. Auch der Bob- und Schlittenverband Deutschland (BSD) hat das Projekt uneingeschränkt begrüßt. „Der Innovationsträger kann den Bobsport nach vorne bringen“, sagt BSD-Chef Thomas Schwab. Er denkt an eine neue Aerodynamik, an ein anderes Fahrwerk und Carbon als Werkstoff.

Und natürlich auch daran, dass der Konkurrenzkampf beide Partner antreibt. So wie das vor den Olympischen Spielen in Pyoengchang zwischen der FES und Wallner der Fall war. Und dies dann zu einem überragenden Erfolg bei den Olympischen Spielen beigetragen hat, als Franceso Friedrich sowohl die Zweier- als auch die Viererkonkurrenz gewinnen und auch Mariama Jamanka bei den Frauen Gold holen konnte. Dazu kam noch Silber durch Nico Walther im Vierer. Das Optimum nach dem Debakel von Sotschi 2014, als das deutsche Team ohne Medaille geblieben war.

„Diese Doppelstrategie hat die FES unheimlich motiviert“, sagt Bundestrainer Spies, „die haben alles gemacht, um nach vorne zu kommen.“ Trotzdem war die FES nicht begeistert gewesen, als die BSD-Spitze nach der vergangenen Saison dem Leipziger Entwicklungsinstitut, das sich als technologisches Zentrum für Sportgeräte in Deutschland versteht, seine BMW-Kooperation vorgestellt hat.

Gigantischer logistischer Aufwand

Die Atmosphäre zwischen FES und den Bobfahrern sei trotzdem harmonisch, berichtet Spies. Auch weil FES-Direktor Harald Schade reagiert und sein Personal aufgestockt hat. Statt einem sind nun bei allen Rennen zwei Ingenieure plus ein Mechaniker dabei. „Die FES hat erkannt, dass das wichtig ist“, sagt Spies und gibt zu, dass dies schon länger sein Wunsch gewesen sei. Und nicht nur seiner, sondern auch der seines Vorgängers Christoph Langen.

Olympiasieger Friedrich verfolgt den Fortgang des Projekts entspannt und sehr pragmatisch. „Jetzt machen wir mal vier, fünf oder sechs Fahrten, dann sehen wir, ob die Schrauben halten oder ob eine Naht bricht“, sagt der siebenfache Weltmeister. Erst danach erfolgt eine genaue Analyse, wie schnell das neue Modell ist. „Es kann sein, dass der Bob super dabei ist, es kann aber auch sein, dass noch ein Zehntel fehlt und wir daran arbeiten müssen“, sagt Friedrich. Er ist auf alle Fälle schon einmal gespannt.

Wenn das BMW-Modell dann im Weltcup eingesetzt werden wird, dann wird der logistische Aufwand an den Eiskanälen wieder gigantisch werden. Die bedeutet: getrennte Garagen, getrennte Mechaniker. „Da gehen wir dann den Weg der FES mit“, verspricht Spies, „die geben vor, was sie haben wollen, und wir organisieren das.“

Doch dieser Aufwand ist es für den Bundestrainer wert. Schließlich können er und seine Mannschaft bei den Olympischen Spielen 2022 in Peking nur verlieren, denn mehr als dreimal Gold ist nicht möglich.

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