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Schließlich herrscht Krieg

Ein Zeichen für Menschlichkeit setzen: Hamburger Bürgerschaft debattiert einmütig über den Krieg in Restjugoslawien  ■ Von Eberhard Spohd

Gerade einmal zwanzig Minuten nahm sich die Hamburger Bürgerschaft. Diese Zeit reichte den Abgeordneten des Stadtparlaments gestern, um über den Krieg in Restjugoslawien zu diskutieren – und zwar in seltener Einmütigkeit. „Einig sind wir uns sicherlich darin, daß wir uns verpflichtet sehen, humanitäre Hilfe zu leisten und Flüchtlinge, Deserteure und Vertriebene aufzunehmen“, mutmaßte beispielsweise die GAL Fraktionsvorsitzende Antje Möller und erntete Kopfnicken von Regierungsbank und Opposition. „Der Hamburger Senat kann ein Zeichen für Menschlichkeit setzen, indem er die Türen öffnet“, forderte sie. Da konnte ihr Hamburgs Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) nur beipflichten: „Wir müssen den Menschen, die vor dem barbarischen Terror Milosevic fliehen, helfen.“

Überhaupt schien das Thema Krieg ChefInnensache zu sein. Auch SPD und CDU schickten ihre Fraktionschefs Holger Christier und Ole von Beust ans Rednerpult, um die parteiinternen Betroffenheiten kundzutun. „Wir sprechen über Krieg in Europa“, erkannte von Beust ganz richtig, „und das vereinigte Deutschland ist dabei, im Guten wie im Schlechten.“ Von Beust hatte trotz dieses Ausspruchs Schwierigkeiten, „zu definieren, was gut ist am Krieg“. Er fügte jedoch gleich hinzu, er habe „ein Gefühl dafür, was schlecht ist“. Nämlich: „sogenannte ethnische Säuberungen, Konzentrationslager oder Flucht und Vertreibung“.

Die unerwartete Einigkeit zwischen KriegsgegnerInnen und -befürworterInnen deutete sich bereits am Dienstag abend an. Innerhalb aller Fraktionen gab es Debatten darüber, wie in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft mit dem Thema Krieg verfahren werden sollte. Schließlich einigten sich die Fraktionschefs darauf, eine allzu kontroverse Diskussion im Parlament garnicht erst zuzulassen. Stattdessen wurde die RednerInnenliste auf das Nötigste verkürzt, man einigte sich auf wohlklingende Ausdrücke wie Humanität, Moral oder Hilfe – allesamt gedacht als Stichworte für die Ansprachen.

Natürlich ist es das gute Recht der Fraktionen, ihren Zwiespalt in Punkto Nato-Einsatz nicht in der Öffentlichkeit auszutragen, und stattdessen Einigkeit zu demonstrieren. Einen Gefallen tun sie sich damit aber nicht. Das Gefeilsche um die Aufmahmekapazitäten für die zu erwartenden Flüchtlinge aus dem Kosovo, das Gehadere um die Dauer ihres Aufenthalts in Hamburg wird dadurch nur vertagt. Was bleibt ist das Gefühl, daß auch die Volksvertreter hilflos sind: Schließlich herrscht Krieg.

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