Schleyer-Mord: Ex-RAF-Terrorist Boock nennt Namen
Neue Hinweise auf die Mörder von Arbeitgeber-Präsident Schleyer: Ex-RAF-Terrorist Boock nennt erstmals die Personen, die 1977 geschossen haben sollen.
HAMBURG taz/dpa Fast 30 Jahre nach der Ermordung von Arbeitgeber-Präsident Hanns-Martin Schleyer gibt es neue Hinweise auf die mutmaßlichen Mörder. Der ehemalige RAF-Terrorist Peter-Jürgen Boock behauptete in einem am Freitag bekannt gewordenen Interview, die RAF-Mitglieder Rolf Heißler und Stefan Wisnieswki hätten im Oktober 1977 die tödlichen Schüsse auf den entführten Schleyer abgegeben. Die Aussage wird in der ARD-Dokumentation "Die RAF" ausgestrahlt. Bis heute ist nicht geklärt, wer von der Roten Armee Fraktion (RAF) Schleyer ermordet hat.
Die Bundesanwaltschaft bestätigte nach einem Bericht des Magazins "Der Spiegel" am Freitag, dass Boocks Aussage "aktuell geprüft" werde. Am Abend war bei der Behörde keine Stellungnahme mehr zu erhalten. An der Glaubwürdigkeit Boocks werden von Experten immer wieder Zweifel geäußert.
Schleyer war am 5. September 1977 von einem RAF-Kommando in Köln entführt worden, das Gesinnungsgenossen aus der Haft freipressen wollte. Nach dem glücklichen Ende der Entführung einer Lufthansa- Maschine und dem Selbstmord von drei RAF-Häftlingen wurde Schleyer erschossen. Seine Leiche wurde im Kofferraum eines Autos im Elsass entdeckt. Wisniewski hat wegen der Beteiligung an der Entführung und Ermordung Schleyers bereits eine Haftstrafe von 20 Jahren verbüßt. Seit 1999 ist er auf freiem Fuß. Heißler wurde nach 18 Jahren Haft im Oktober 2001 aus dem Gefängnis entlassen.
Boock behauptete in dem Interview, dass ihm Heißler den Ablauf und auch den Ort der Erschießung in einem Waldstück unmittelbar hinter der belgisch-französischen Grenze geschildert habe. Nach "Spiegel"- Informationen stützt das Ergebnis der Obduktion von Schleyers Leiche die Aussage. Demnach wurde der Manager mit drei Schüssen aus nur einer Waffe ermordet. Allerdings deuten unterschiedliche Schusswinkel auf zwei verschiedene Täter.
Zugleich bezeichnete sich Boock selbst als einen der Auftraggeber für die Ermordung. Nach seiner Aussage hielt er sich mit weiteren Angehörigen des Entführungskommandos zum Zeitpunkt von Schleyers Erschießung in Bagdad auf. Gemeinsam mit Brigitte Mohnhaupt habe er nach den Selbstmorden von Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe per Fernschreiben die Ermordung angeordnet, sagte Boock den Filmemachern, "Spiegel"-Chefredakteur Stefan Aust und Helmar Büchel.
Im Frühjahr hatte die Bundesanwaltschaft neue Ermittlungen gegen Wisniewski eingeleitet. Auslöser dafür waren Aussagen von Boock und der früheren RAF-Terroristin Verena Becker, dass Wisniewski im April 1977 am Attentat auf den damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback beteiligt war.
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