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Schleswig-Holsteinischer SPD-ParteitagGegrummel im Hintergrund

Offiziell geht es um Friedenspolitik – auf den Fluren bestimmen die Querelen um Ministerrücktritte und die Rolle des Ministerpräsidenten Torsten Albig die Debatte.

Der eine bleibt ausnahmsweise mal moderat, der andere will Stärke zeigen: Ralf Stegner (links) und Torsten Albig auf dem SPD-Landesparteitag. Bild: dpa

LÜBECK taz | Draußen bestes Wetter, drinnen freundlicher Applaus: Es ist alles wieder gut bei der SPD in Schleswig-Holstein. Diese Botschaft sollte der Landesparteitag in Lübeck aussenden. Nach außen lief die Veranstaltung plangemäß ab – diskutiert wurde ein Positionspapier aus der Feder des Landesvorsitzenden Ralf Stegner zur Friedenspolitik.

In der Lobby und den Gängen jenseits des Saals aber ging es um die aktuellen Probleme: Zwei Kabinettsmitglieder traten in den vergangenen zwei Wochen zurück. Die Koalitionspartner von Grünen und Minderheitenpartei SSW, aber auch GenossInnen, ärgerten sich über den Ministerpräsidenten Torsten Albig, der lange an der parteilosen Bildungsministerin Waltraud Wende festhielt, die unter Bestechungs- und Betrugsverdacht steht.

So nutzte Albig den Parteitag, um Stärke zu zeigen: „Wir sind kurz in die Knie gegangen, aber sofort wieder aufgestanden, haben den Staub abgewischt, nun gehen wir weiter.“ Die Regierung sei „extrem handlungsfähig“. Zwar seien zwei „starke Säulen“ seines Kabinetts verschwunden, er habe sie aber „durch noch stärkere“ ersetzt“.

Aber so einfach ist es nicht, weiß Wirtschaftsminister Reinhard Meyer: „Das Thema ist natürlich nicht weg.“ Dass der Kabinettskollege Breitner vier Wochen lang mit einem Lobbyverband der Wohnungswirtschaft – also aus einem Bereich, für den er als Minister zuständig war – über einen neuen Job verhandelte, ohne den Ministerpräsidenten oder Parteifreunde zu unterrichten, „gibt uns allen zu denken“, so Meyer. Auf die angeblich guten Beziehungen zwischen Albig und seiner Ministerriege wirft das kein gutes Licht.

SPD im Norden

Die SPD Schleswig-Holstein verliert Mitglieder - allein aus demografischen Gründen. Schon heute beträgt das Durchschnittsalter der GenossInnen 60 Jahre.

Der Parteitag diskutierte über Wege, neue Mitglieder zu finden. So sollen Funktionsträger aus Landtag und Parteiführung mehr unterwegs sein und Ortsvereine Veranstaltungen mit "traditionellen Bündnispartnern" wie AWO oder Gewerkschaften organisieren.

Besondere Angebote soll es für "spezielle Zielgruppen" geben - dass dazu auch Frauen gezählt werden, ärgerte die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen.

Um die Wahlbeteilung zu erhöhen, will die SPD sich für ein Wahlrecht mit 16 Jahren und moderne Wahltechniken, bis zur Abstimmung im Internet, einsetzen. EST

Vor allem die Art von Breitners Abgang empfinden viele als Verrat: „Jemand, den wir gewählt und mit dem wir einen Vertrag über fünf Jahre geschlossen haben, bricht diese Abmachung einfach – gerade als Selbstständiger kann ich das nicht verstehen,“ sagte ein Delegierter.

Auch Breitners Argument, er wolle mehr Zeit für seine Familie haben, ließ einige Anwesende den Kopf schütteln: „Wenn jemand familienfreundliche Strukturen bei der Arbeit einrichten kann, dann doch die Hausspitze eines Ministeriums“, sagte die Landtagsabgeordnete Simone Lange, selbst Mutter zweier kleiner Kinder.

„Die Mitglieder haben Redebedarf“, sagte Thomas Nissen, Delegierter aus Nordfriesland. Mit dem Ministerwechsel verbindet er die Hoffnung, dass „das Thema des kommunalen Finanzausgleichs noch einmal diskutiert wird.“ Annemarie Linneweber von der Insel Föhr will Albig in ihren Kreisparteiausschuss einladen: „Er soll uns schon Rede und Antwort stehen, wie es zu diesen Rücktritten gekommen ist.“

Die SPD hatte den bisherigen stellvertretenden Landesvorsitzenden Breitner eingeladen, ein persönliches Wort an den Parteitag zu richten – „Das hat er abgelehnt“, sagte Landesparteichef Ralf Stegner. „Er hat wohl gewusst, dass hier seine Entscheidung nicht gut aufgenommen wird.“ In seiner Rede blieb Stegner moderat: Breitners Weggang sei „nicht schön“, der abrupte Wechsel „hat uns nicht erfreut“. Am Donnerstag nannte er ihn noch „unverantwortlich“.

Stegner kündigte an, dass die SPD eine Initiative im Landtag starten werde, um den Übergang zwischen politischem Amt und Wirtschafts-Job zu verlängern. Damit kommen die SPD der Piraten-Fraktion zuvor, die eine ähnliche Initiative angekündigt hat.

Mit großer Mehrheit verabschiedete der Parteitag das Friedenspapier, in dem sich die SPD-Schleswig-Holstein unter anderem gegen Waffenexporte in Kriegsgebiete ausspricht. Damit stärkt die Landespartei Stegner, der sich dafür auf Bundesebene stark gemacht hatte. Danach ging es um Fragen der internen Demokratie und Mitgliederwerbung. Torsten Albig beteiligte sich – wie schon auf früheren Parteitagen – nicht an den inhaltlichen Debatten.

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