Schlecker: Mogelpackung in XL

Mit einer Blitzaktion im Schlecker XL-Markt auf der Gröpelinger Heerstraße protestierten am Sonnabend über 100 Menschen gegen Dumpinglöhne im Einzelhandel.

Jetzt noch billiger: Die Arbeitskraft bei Schlecker Bild: AG

Gegen prekäre Arbeitsbedingungen im Einzelhandel protestierten am Sonnabend gut 100 Menschen im frisch eröffneten Schlecker-XL-Markt auf der Gröpelinger Heerstraße.

Zu einem Flashmob - eine Protestform, bei der sich scheinbar spontan ein Menschenauflauf bildet - hatten das Bremer Bündnis "Wir zahlen nicht für eure Krise" und das Mayday-Bündnis aufgerufen. Man wolle ein "widerständiges Symbol im Alltagstrott, ein Sandkorn im Getriebe von Schlecker sein", hatte es in der Ankündigung geheißen. Die war in E-Mails und auf Flyern gestreut worden.

Wie normale KundInnen strömen die FlashmobberInnen am Samstag um Punkt elf Uhr in die Filiale und versammeln sich am Toilettenpapier-Regal. Doch auch Schlecker selbst scheint von der Aktion gewusst zu haben. Gleich zwei Wachmänner hat man am Eingang postiert. Ein Kamera-Team von Radio Bremen kommt an ihnen nicht vorbei.

Hinter den XL-Märkten verbirgt sich ein neues Ladenkonzept der Kette: Statt enger, kleiner Märkte werden größere, optisch freundlichere eröffnet. Damit will Schlecker Marktanteile in der hart umkämpften Drogeriebranche gewinnen. Was dem Unternehmen Profit bringen soll, bedeute für die Beschäftigten harte Einbußen, kritisieren die Protestler. Pro XL-Markt würden zwischen drei und fünf kleinere Filialen geschlossen, die Angestellten entlassen. Unterbreitet würde ihnen das Angebot, danach bei Schlecker XL zu arbeiten. Dort seien sie allerdings nicht mehr bei Schlecker selbst, sondern bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt - zu deutlich schlechteren Bedingungen. Nach Angaben der Gewerkschaft Ver.di arbeiten sie in den XL-Märkten für Stundenlöhne um 6,50 statt zwölf Euro, bekommen weder Urlaubs- noch Weihnachtsgeld. Das unterwandere die Tarifverträge, so Ver.di-Sekretär Richard Schmid, der beim Flashmob von einem "Skandal" spricht.

Die Protestierenden befürchten, dass Schlecker mit seiner neuen Unternehmensstrategie zum Vorreiter im Einzelhandel werden könnte. Sie fordern, dass das Personal geschlossener Filialen zu den alten Bedingungen übernommen wird, auch sollen die Schlecker-Betriebsräte für die XL-Beschäftigten zuständig sein. Die KundInnen rufen sie dazu auf, sich mit den Angestellten zu solidarisieren. Mit einigem Erfolg: "Ich bin eigentlich als ganz normaler Konsument hier", ergreift einer das Wort. "Wenn ich das hier so höre, müssen wir uns als Konsumenten gut überlegen, wo wir einkaufen wollen."

Die nächste Eröffnung eines XL-Marktes erwarte man im Frühjahr auf der Wätjenstraße, sagt Ver.di-Mann Schmid. Die dortige Schlecker-Filiale werde Anfang Januar geschlossen. Problematisch sei, dass von der Umstrukturierung stets nur einzelne Angestellte betroffen seien. "Ein Zusammenschluss findet dabei unter den Beschäftigten kaum statt", sagt er, "viele lassen sich mit Abfindungen abspeisen." Ver.di arbeite daran, im Frühjahr einen bundesweiten Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung mit Schlecker abzuschließen.

Nach gut 20 Minuten ist die Blitzaktion am Samstag vorbei - die Marktleiterin hatte die Polizei gerufen. Die FlashmobberInnen ziehen daraufhin in einer Spontan-Demo die Gröpelinger Heerstraße entlang. Weitere Proteste sollen folgen.

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