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Schlechte AuftragslageIm Hafen wird die Arbeit knapp

400 MitarbeiterInnen des Jade-Weser-Ports in Wilhelmshaven werden in Kurzarbeit geschickt. Am Freitag Verhandlungen.

Trist und trüb: Im Jade-Weser-Port ist so wenig los, dass die Mitarbeiter in Kurzarbeit gehen müssen. Bild: dpa

BREMEN taz | Seit fünf Monaten ist der Jade-Weser-Port (JWP) in Betrieb und die schlechten Nachrichten rund um den Tiefwasser-Hafen in Wilhelmshaven reißen nicht ab. Vorläufiger Höhepunkt: Die 400 MitarbeiterInnen des Containerterminals werden in Kurzarbeit geschickt, die Verhandlungen mit dem Betriebsrat sind für kommenden Freitag angesetzt.

Pannen, Terminverschiebungen, politische und juristische Auseinandersetzungen: Planung und Bau des JWP gingen alles andere als glatt über die Bühne. Nach erneutem Ärger um Risse in den Hafen-Spundwänden kündigte vergangene Woche Axel Kluth, Chef der JWP-Realisierungsgesellschaft, seinen Verzicht auf eine Vertragsverlängerung an.

Und bereits im Januar hatte sich Hafenbetreiber Eurogate nach anderen Jobs für seine Angestellten umgeschaut, vornehmlich an der Stromkaje in Bremerhaven – mit nur zwei Containerschiffen und einer Zubringerlinie, die den Hafen regelmäßig anlaufen, gibt‘s am JWP einfach zu wenig Arbeit. „Die Reeder“, sagt Ver.di-Sekretär Jürgen Meerbothe, „zögern wegen der Probleme im Vorfeld und der neuen Schäden am Port, Wilhelmshaven anzugehen.“

„Das war doch vorauszusehen“, sagt indes Sascha Schomacker von der Hafenarbeitergewerkschaft Contterm, denn bereits Bremerhaven und Hamburg seien nicht ausgelastet: „Hamburg schlägt momentan nur 8,9 Millionen TEU um, könnte aber 16 Millionen umschlagen, und auch die Kapazitäten von Bremerhaven werden lange nicht ausgenutzt – und noch sind das Konkurrenzhäfen zum Jade-Weser-Port.“

Handel und Häfen

Der Welthandel ist seit 2007 rückläufig oder stagniert. Das betrifft die großen Häfen Nordwesteuropas - und damit jene in Deutschland.

Die Häfen: Größter Hafen der EU ist Rotterdam mit (2012) 11,9 Millionen Standardcontainern (TEU). Es folgen Hamburg (8,9 Mio.), Antwerpen (8,6 Mio.) und die bremischen Häfen (6,3 Mio).

Jade-Weser-Port: Der Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven ist mit dem ersten Bauabschnitt im September 2012 in Betrieb gegangen. Der zweite Abschnitt soll im nächsten Jahr fertiggestellt sein.

Kapazität: Dann soll Wilhelmshaven mit einer Kapazität von 2,7 Mio. TEU der drittgrößte Containerhafen Deutschlands und der neuntgrößte der EU sein.

Denn zumindest bei Hochwasser könnten die Schiffe auch in Bremerhaven anlegen, „und das wird noch viele Jahre so bleiben – die großen Containerschiffe, die einen Tiefwasserhafen benötigen, kommen ja erst noch.“

Der Plan, MitarbeiterInnen von Wilhelms- nach Bremerhaven abzukommandieren, hat in den letzten Wochen für großen Unmut bei den Angestellten des Gesamthafenbetriebsvereins (GHB) gesorgt. Der beschäftigt 1.400 HafenarbeiterInnen, die dort eingesetzt werden, wo Umschlagunternehmen wie Eurogate zusätzliches Personal benötigen – so auch in Bremerhaven.

Im schlimmsten Falle hätten bis zu 300 GHB-MitarbeiterInnen durch die geplanten „Umsetzungen“ ihre Jobs verloren, „und Ver.di hat das ohne jeden Widerspruch mitgetragen“, sagt Schomacker. In Folge dessen hätten zahlreiche GHBler ihre Ver.di-Mitgliedschaften gekündigt, viele von ihnen seien zu Contterm übergelaufen. „Dass die Entsendung der JWP-Leute nach Bremerhaven für Ver.di nun vom Tisch ist, hat ganz sicher auch damit zu tun“, sagt Schomacker.

„Es war die Entscheidung von Eurogate, die Mitarbeiter nicht zu entsenden“, widerspricht Meerbothe, „und das wäre auch nicht die vollendete Lösung gewesen. Aber Kurzarbeit ist eine der denkbar schlechtesten Möglichkeiten.“ Warum Eurogate sich so entschlossen hat, ist indes unklar: ein Unternehmenssprecher war bis Redaktionsschluss nicht erreichbar.

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4 Kommentare

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  • R
    Remsch

    Was spräche denn gegen einen Verkauf an chinesische Investoren? Immerhin muß das Land dann dafür nicht mehr zahlen und könnte das dicke Minus etwas verringern.

     

    Und das ist kein Pessimismus bzw. Schreckensszenario, sondern Realität. Schau doch einfach, wie viele Schiffe den Hafen ansteuern, warum sie es tun (Hafenrabatte) und wie viel sie dort tatsächlich löschen. Das kann man alles nachlesen. Die Hafenwirtschaft ist halt recht pragmatisch veranlagt. Da hilft ein "Wir müssen nur fest dran glauben, dann kommen die Schiffe" gar nicht.

     

    Wenn man möchte, daß weitere Schiffe kommen, muß man den Reedern und Chartern auch etwas bieten, z.B. eine hervorragende Hinterlandanbindung. Dafür brauchen wir zahlreiche Autobahnen, neue Gleise und vor allem produzierendes Gewerbe, was vor Ort Waren weiterverarbeitet und/oder veredelt. Dann kommen vielleicht ein paar zusätzliche Schiffe. Aber jetzt? Ohne den Zuschuß durch das Land käme jetzt gar kein Schiff und alle Arbeiter wären arbeitslos.

     

    Eine Fehlplanung, nunja, nicht unbedingt. Man hätte es 2008 stoppen sollen, weil man zu Beginn der Planungen natürlich nicht wissen konnte, daß die bestehenden Häfen entsprechend schnell ihre Effizienz steigern und das rasante Wachstum der 90er und frühen 2000er durch eine Krise leicht einbrechen würde. Da würde ich die Schuld eher bei der prestigesüchtigen Politik als bei den Planern suchen.

     

    Der JWP ist halt überflüssig. Ob sich das in Zukunft ändert, wage ich zu bezweifeln, weil a) das Niedersachsen mit zig Milliarden die entsprechende Hinterlandanbindung schaffen müßte und b) zig Häfen auf der Welt ihre Fahrrinnen anpassen müßten, damit ein Bedarf an noch tieferen Schiffen entstehen konnte -- und alle Häfen der Nordrange auf solche Schritte verzichten müßten. Eine Sache von Jahrzehnten.

  • VL
    vergessene Liebe

    @REMSCH !!!

    Ooh welch Pessimismus! AUA!

    Soll damit gesagt sein das der JWP `Blödsinn´ ist?

    Eine reine Fehlplanung?

    NIKS !!!

    JWP bietet sich an, wenn die Expedition schnell und sicher vonstatten geht, in JEDEM FALL erst einmal als reiner TRANSITHAFEN !

    Wo z.B. an einem Ende ein dicker Pott von Übersee TEU´s löscht oder einlädt, wo direkt kleine FEEDER

    Schiffe ihre Ladung austauschen-bzw direkt TEU´s aus Übersee einladen!

    Auch Chinesen sind lernfähig !(witzig gemeint*!)

    Ich denke dabei an den verhältnismässig kleinen Hafen in AARHUS-DK der primär als Transithafen funktioniert,- für Teile des baltischen Raumes.

    Ich meine- (hoffe..) das der JWP sich erstmal als TRANSITHAFEN entwickeln wird. Und auf solche weise den `Erstickungstod´ durch zuviel FEEDER- Schiff Verkehr im Hamburger Hafen verhindert!

    Ich meine das der Hamburger Hafen ein rein logistisches Interesse am `guten funktionieren´ des JWP entwickeln muss!!

    Wichtig im Moment ist es, das die Verantwortlichen Investoren und all die Mitarbeiter des JWP. All die Hafenarbeiter und sonstwer in der Logistik, nicht den Mut verlieren !

    Es bedarf guter PR für JWP- in allen Kanälen !

    --------------

    Ein Schreck-Szenario, wie den Verkauf des JWP an chinesische Reedereien und Shippingagenturen, oder sonstwie grosse Privatfirmen ( Wie es in Piräus geschehen ist) muss verhindert werden!

  • R
    Remsch

    @vergessene Liebe: Die Lage ist bloß schlecht. Maersk fährt mit seinen zwei Schiffen den JWP auch nur an, weil es vertraglich vereinbart wurde, u.a. durch subventionierte Rabatte durch das Land. Und nur weil zwei, drei Schiffe weltweit im Sommer die Werften verlassen, heißt das noch lange nicht, dass die Reedereien überhaupt den JWP anlaufen werden. Da ist auch gar kein Bedarf, die China-Routen von Rotterdam bis zum JWP zu verlängern -- und wenn gar keine volle Beladung mehr da ist, fährt man nach Hamburg.

     

    Und nicht nur Zeit ist Geld. Was soll denn mit der Ware in Wilhelmshaven passieren? Wer seine Ware in die Niederlande oder den Ruhrpott fahren möchte, steuert weiterhin die beiden genannten Häfen an. Wer Richtung Ostsee, Ostmitteleuropa und/oder Metropolregion Hamburg will, der fährt selbstverständlich bis nach Hamburg. 10.000 TEU innerhalb eines halben Tages per Schiff direkt nach Hamburg zu fahren, ist halt günstiger, als 10.000 LKW zu beladen und über Landstraßen fahren zu lassen. Die Schienenverbindung ist nicht der Rede wert. In Wilhelmshaven wird halt nichts konsumiert oder verarbeitet.

     

    Das sieht man auch an den Routen der wenigen Schiffe, die je den neuen Hafen zu Gesicht bekamen. Die machen meistens, um den Vertrag einzuhalten, ihrer kurzen Stopp am JWP und fahren dann kurz nach Bremerhaven rüber, wo die eigentliche Löschung geschieht.

     

    Lediglich die Tiefe ist für den JWP ein Vorteil, aber wie viele vollbeladene große Containerschiffe fahren schon jährlich Hamburg an? Da kommt man nicht einmal auf zwei pro Woche.

     

    Der JWP war halt als Lagerstätte gedacht, als die Hafenwirtschaft dringend Stellflächen suchte. Bloß hat man vergessen, dass die Häfen der Nordrange ebenfalls ihre Flächen effizienter gestalten können und durch die Krise 2008 einen "Zeitbuffer" bekamen. Der JWP wurde überflüssig.

     

    Von den mickrigen Kapazitäten brauchen wir wohl auch nicht zu sprechen. Selbst bei einem 24/7-Betrieb käme man nur auf 2 bis 2,5 Mio. TEU. Rotterdam kam 2012 auf reale 12 Mio., Hamburg 9 und Antwerpen 8,5. Die theoretischen Kapazitäten der Häfen, mit denen der JWP mit seinen 2-2,5 Mio. konkurrieren will, sind rund doppelt so hoch. In Rotterrdam wird gerade ein riesiges Gebiet ausgehoben, in Hamburg stehen in zwei, drei Jahren die Arbeiten für ein neues Terminal an (von Hafenerweiterungsflächen in Moorburg ganz zu schweigen) und auch am Mittelmeer, speziell in der Adria, entstehen Häfen bzw. vergrößern sich.

     

    Wer soll also nun Interesse haben, dass seine Ladung aus Übersee in Wilhelmshaven gelöscht wird? Und wer hat einen Streckenvorteil, wenn er seine Ware über den JWP exportiert? Richtig, so gut wie niemand. Bei so wenigen Schiffen lohnt es sich auch nicht, wenn die Ware drei, vier Tage herumliegt. Da kann man auch Bremerhaven oder einen anderen Hafen anfahren.

     

    Ob Kurzarbeit oder nicht: Der JWP wird in absehbarer Zeit ein reines Zuschussgeschäft für das Land bleiben. Ob das die wenigen Arbeitsplätze wert ist, müssen die Niedersachsen selbst wissen. PR-Arbeit wird auch reichlich betrieben. Als Merkel vor einiger Zeit mit einer Wirtschaftsdelegation im Reich der Mitte war, fragte der Chef der chinesischen Staatsreederei auch, wann denn die Elbvertiefung käme, damit die wohl größten Schiffe mit einer hohen Beladung den Hafen Hamburgs anlaufen kann. Sie verwies darauf, dass ja am Jadebusen ein Tiefseehafen entstehe -- woraufhin der Reeder nur sagte, er hätte an diesem kein Interesse und fragte erneut, wann die Elbvertiefung kommt.

     

    Und da die Schiffe irgendwann nicht mehr tiefer werden, sondern höchstens etwas breiter, wird Hamburg dort auch nicht mehr abgehängt. Rotterdam und Antwerpen sowieso nicht. Tiefer macht vor allem keinen Sinn, weil dann sehr viele Häfen gar nicht mehr angelaufen werden können und einem Märkte entgehen. Lohnt sich also nicht.

     

    Als kurzfristigen Lagerplatz, falls die maritime Wirtschaft irgendwann in den nächsten Jahren boomen sollte, hat der JWP durchaus eine Existenzberechtigung. Aber mehr sollte man sich nicht von den realitätsfernen CDU-Versprechungen erhoffen. Ökologisch ist es eh ein Wahnsinn, Waren dort umzuschlagen. Und ob die Region Interesse daran hat, die Flächen um das Sechs- bis Siebenfache zu erhöhen, um die Kapazitäten Hamburgs zu erreichen, obwohl nur zwei Schiffe pro Woche dank Subventionen anlaufen, naja.

  • VL
    vergessene Liebe

    Nun mal ruhig Blut bitte! Ein neuer Tiefwasserhafen und dann noch in guter Lage - braucht Zeit um richtig in Betrieb zu kommen ! Erstmal ist die PR- Arbeit für den JWP international herausgefordert- und das bedeutet Zusammenarbeit und kreativen Konkurrenzkampf mit anderen Häfen. Und: Time is money! Den JWP anzulaufen ist in jedem Fall schneller als ne Tour die Elbe auf und ab nach Hamburg, oder all die zeitaufwendigen Komplikationen mit Rotterdam....

    Es kann durchaus geschehen das es zum kommenden Sommer vorbei ist mit kurzarbeit