Schlacht um Libyens Hauptstadt: Migranten zwischen den Fronten
Bei den Kämpfen um Tripolis sind die dort gestrandeten afrikanischen Migranten ohne Schutz. Ein Lageraufstand wurde mit Gewalt niedergeschlagen.
Auch wenn die Einheitsregierung am Mittwoch die Eroberung von Soug Alsabit und großen Teilen des Stadtteils Wadi Alrabea vermeldete – viele in der Zwei-Millionen-Metropole rechnen mit einem langen Krieg.
Und während einheimische libysche Flüchtlinge meist bei ihren Verwandten oder in Hotels unterkommen, sind viele der 3.600 in Gefängnissen einsitzenden Migranten aus anderen Ländern den Kämpfen schutzlos ausgeliefert.
Einige der wegen „illegaler Migration“ von Milizen Eingesperrten berichten der taz am Telefon, von bewaffneten Gruppen dazu gezwungen worden zu sein, Verteidigungsgräben auszuheben oder Munition zu schleppen.
Tote bei Migrantenaufstand
600 Gefangene aus Eritrea, Sudan und Nigeria protestierten am Montag gegen die Zustände im Gefängnis von Qasr bin Ghashir, dessen Umgebung lange umkämpft war. Seit dem Beginn des Krieges vor drei Wochen waren immer wieder Querschläger und Granaten neben diesem Lager im Süden von Tripolis eingeschlagen.
Soldaten der 9. Brigade von Khalifa Hafters LNA aus der Stadt Tarhouna beendeten die Migranten-Proteste für eine Evakuierung schließlich und feuerten mit Kalaschnikows in die Menge. Nach Augenzeugenberichten gab es 12 Verletzte und 2 Tote.
Libysche UNHCR Mitarbeiter konnten am Mittwoch schließlich 325 Migranten mit Bussen in die Küstenstadt Zauwia bringen. „Das Risiko für Flüchtlinge und Migranten in Libyen war noch nie größer als zur Zeit“, sagt der stellvertretende UNHCR-Missionschef Matthew Brook.
Da der internationale Flughafen von Tripolis für Passagiermaschinen nur nachts geöffnet ist und schon bombardiert wurde, werden jetzt nur wenige Migranten nach Niger ausgeflogen. Aus den völlig überfüllten Camps entlang der libyschen Küste senden die Insassen immer wieder Fotos und Hilferufe an ihre Verwandten zuhause oder organisieren Hilfe über in Tripolis arbeitende Freunde.
Da die Helfer des „Roter Halbmonds“ wegen der Kämpfe in der Stadt nur selten Zugang zu den Lagern haben, sammelten Migranten in Tripolis Geld und schickten die Medikamente gegen die dort grassierende Typhuswelle.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich