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Schill doch tragbar?

Hamburger Koalition aus CDU, FDP und Schill-Partei wegen des Innensenators Bundestagsauftritt gestresst

HAMBURG/BERLIN taz ■ Platzt sie, platzt sie nicht? Nach dem spektakulär unpassenden Auftritt des Hamburger Innensenators Ronald Schill im Bundestag wollten in der Hansestadt viele die Koalition von CDU, FDP und Schill-Partei („Partei Rechtsstaatlicher Offensive“) für beendet erklären. SPD-Landeschef Olaf Scholz gab kund, für eine Große Koalition parat zu stehen. Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) jedoch blieb gestern bei seiner Rede von einer „guten und erfolgreichen Arbeit des Senats“.

Der Chef der FDP-Fraktion in der Bürgerschaft, Burkhardt Müller-Sönksen, verschärfte dagegen den Ton: „Wenn Herr Schill noch einmal gegen Ausländer hetzt, steigen wir sofort aus der Koalition aus.“ Wenn Schill als Parteipolitiker den „Wählern zeigt, wer er wirklich ist“, sei das allerdings zu begrüßen, sagte er der taz-Hamburg gestern.

Bundeskanzler Gerhard Schröder nahm die Schill-Vorlage am Wochenende zum Anlass, vor einem Erstarken des Rechtspopulismus zu warnen. „Die Schills sind nicht auf Hamburg beschränkt, bedauerlicherweise nicht“, sagte Schröder bei einem Wahlkampfauftritt in Hamburg. Ronald Schill hatte am Donnerstag das Rederecht jedes Bundesratsmitglieds im Bundestag dazu genutzt, die Hilfe für die Hochwasseropfer gegen die Ausländerpolitik der Bundesregierung auszuspielen.

Dass er dabei versuchte, die auf 15 Minuten beschränkte Redezeit zu überziehen, bis ihm Bundestagsvizepräsidentin Anke Fuchs (SPD) das Mikro abdrehte, gilt als nach Schill-Manier kalkulierter Medieneffekt. Die Hamburger Presse dankte es ihm großflächig – voran Springers Hamburger Abendblatt mit acht ganzen Seiten Berichterstattung an zwei Tagen.

Schill verteidigte am Samstag in Neumünster, wo der schleswig-holsteinische Landesverband gegründet wurde, seinen Auftritt. Er bekräftigte auch den Vorwurf an Fuchs, sie habe die Verfassung gebrochen. Entschuldigen werde er sich nicht. „Dazu gibt es überhaupt keine Veranlassung.“ Zu der von ihm angekündigten Klage beim Bundesverfassungsgericht sei er geradezu verpflichtet.

Die Frage, „Ist Schill noch zu tragen?“, wird heute abend Thema der Fraktionssitzung der CDU in der Hamburgischen Bürgerschaft sein. „Ich werde versuchen, den Bürgermeister zu motivieren, eine längerfristige Entscheidung zu treffen“, kündigte der Altonaer Bundestagskandidat Marcus Weinberg der taz-Hamburg an.

Sein Fraktionskollege Jürgen Klimke glaubt allerdings nicht, dass sich die Debatte auf die Person Schill begrenzen lässt. „Schills Entlassung zu fordern ist unrealistisch, weil ich davon ausgehe, dass die Schill-Partei ohne ihren Namensgeber nicht in der Regierung bleiben wird“, sagte Klimke.

Der Hamburger Bundestagsabgeordnete Volker Rühe dagegen hält den Bogen schon jetzt für überspannt. Schill sei als Senator „eigentlich nicht mehr tragbar“, sagte er gestern der Bild-Zeitung. Von Beust will morgen mit einer Änderung der Geschäftsordnung des Senats sicherstellen, dass Senatoren in Bundesrat und Bundesrat nur Positionen des Gesamtsenats vertreten. Heute will er die Angelegenheit mit Schill „telefonisch besprechen“.

Inwieweit Schills Auftritt ihm im reichlich mühsamen Bundestagswahlkampf zugute kommt, steht bislang dahin. Gestern meldete die Schill-Partei Nordrhein-Westfalen den Verlust von 100 ihrer 1.000 Mitglieder – diese seien jedoch schon vor Donnerstag wegen parteiinternen Intrigen ausgetreten. UWI/KNÖ

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